Tradition und Transformation. Im Modulør 01/25 widmen wir uns den bunten Bauwerken von Freddy Mamani und richten hierfür unseren Blick auf die bolivianische Stadt El Alto.
El Alto ist sicherlich eine der aussergewöhnlichsten Städte Lateinamerikas: Die bolivianische Millionenstadt liegt auf 4000 m Höhe und ist somit die höchstgelegene Metropole der Erde. Zum anderen ist El Alto die einzige Stadt dieser Grössenordnung, die fast ausschliesslich von Indígenas bewohnt und daher auch Hauptstadt der Aymara genannt wird. Auch hat die Stadt eine bemerkenswerte wirtschaftliche Entwicklung gemacht: Aus Kleinstbetrieben z. B. im Textilbereich hat sich mittlerweile eine in Teilen international konkurrenzfähige Industrie geformt.
Zudem ist das Stadtbild auffallend: Während man historische Bauwerke sowie einladende Parks und prunkvolle Strassenverläufe vergeblich sucht, sticht vor allem ein farbenfroher Architekturstil hervor. Geometrische Muster, intensiv leuchtende Farben und kleine, zackige Dachgiebel zieren die
zweitgrösste Stadt Boliviens. 2002 hat Mamani begonnen, sein erstes Cholet zu entwerfen, und dabei den Bezug zu seiner Kultur hergestellt – ganz ohne digitale Planungshilfen. Der Name der prägnanten Bauwerke ist dabei ein Wortzwitter aus Chalet und Cholo, dem abwertenden Begriff für einen indigenen Menschen in der Andenregion. Dieses Wortspiel zeigt zugleich auf, was dieses auffällige Gebäude damals ausgelöst hat. Ein negativ assoziierter Begriff wurde ins Positive gedreht – ein Akt der Befreiung und der kollektiven Wiederentdeckung des Eigenen. Mamani war mit seinem Entwurf zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort.
Über diesen gesellschaftlichen Wandel, die Entwicklung seiner farbenfrohen Architektur und seinen beruflichen
Werdegang haben wir mit Freddy Mamani gesprochen.
Einen Einblick in die südamerikanische Kultur gibt uns Knut Henkel, während uns Laurence Blair seine Sicht auf El Alto gewährt. Zum Abschluss bringt uns Heinz Emigholz seinen Film „Mamani in El Alto“ näher und spricht mit uns über seine Wahrnehmung der Stadt durch die Kameralinse.
Mehr über die Entwicklungen in Bergen finden Sie in unserer neuesten Ausgabe.