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Von Bauprojekten und Schmetterlingen

Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich hatte sich in einem jüngst publizierten Urteil (VB.2023.00009) im Zusammenhang mit der Erteilung einer Baubewilligung für ein Bauprojekt in Zumikon mit schutzwürdigen Lebensräumen und Schmetterlingen zu befassen. Ein Nachbar hatte im vorinstanzlichen Verfahren vor dem Baurekursgericht erfolgreich die von der Baubehörde erteilte Baubewilligung infrage gestellt und dies (unter anderem) mit dem Vorhandensein eines Biotops begründet, was die Bauherrschaft zur Einreichung einer Beschwerde vor dem Verwaltungsgericht veranlasste.

Doch alles der Reihe nach: Im Mai 2022 erteilte der Gemeinderat Zumikon die baurechtliche Bewilligung für den Neubau von drei Mehrfamilienhäusern mit Tiefgarage auf einem grösstenteils der Wohnzone zugeordneten Grundstück in Zumikon. Dagegen erhob ein Nachbar Rekurs, in dem er das Vorhandensein eines Naturschutzobjektes (im Sinne von § 203 Abs. 1 lit. f und g des Planungs- und Baugesetzes des Kantons Zürich [PBG]) geltend machte und eine fehlende Interessenabwägung der Gemeinde monierte. Zur Begründung legte er eine von ihm in Auftrag gegebene „Situationsanalyse“ vor, wonach ein Mosaik von Gehölzen und artenreichen Wiesen (Halbtrockenrasen und Fromentalwiesen) sowie die vorhandenen Strukturen (Trockenmauern oder Asthaufen) das Baugrundstück zu einem geeigneten Lebensraum für eine Vielfalt von Tieren und Pflanzen machen würden, weshalb der Garten als Lebensraum vermutlich als schutzwürdig im Sinne von Art. 18 Abs. 1bis des Bundesgesetzes über den Natur- und Heimatschutz (NHG) zu betrachten sei.

Mit Entscheid vom 22. November 2022 hiess das Baurekursgericht des Kantons Zürich den Rekurs gut und hob die Baubewilligung auf. Dies mit der Begründung, dass auf dem Baugrundstück konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Biotops vorlägen bzw. solche vom rekurrierenden Nachbarn aufgezeigt worden seien. Diese Vermutung sei vor Erteilung der Baubewilligung erstinstanzlich durch den Gemeinderat in einem ordentlichen Verfahren zur Prüfung der Schutzwürdigkeit, insbesondere unter Einholung eines amtlichen Gutachtens, zu verifizieren oder zu widerlegen.

Gegen das Urteil des Baurekursgerichts erhob die Bauherrschaft Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Zürich. In seinem Urteil kam das Verwaltungsgericht zum Schluss, dass die Anordnung des Baurekursgerichts zur Abklärung der Schutzwürdigkeit durch die Gemeinde vor Erteilung der Baubewilligung nicht zu beanstanden sei und die sich dagegen erhobenen Rügen als unberechtigt erwiesen. Dies begründete das Verwaltungsgericht (zusammengefasst) wie folgt:

Schutzwürdigkeit  von Biotopen
Der bundesrechtliche und der kantonale Biotopschutz (Art. 18 Abs. 1 NHG und § 203 Abs. 1 PBG) verlange, dass unter Abwägung der betroffenen Interessen möglichst alle schützenswerten Biotope zu schützen seien. Lasse sich eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Lebensräume durch technische Eingriffe unter Abwägung aller Interessen nicht vermeiden, so habe der Verursacher für besondere Massnahmen zu deren bestmöglichem Schutz, für Wiederherstellung oder ansonsten für angemessenen Ersatz zu sorgen (Art. 18 Abs. 1ter NHG). Welche Biotope als „schützenswert“ gelten würden, sei anhand der in Art. 14 Abs. 3 lit. a-e NHG aufgeführten Kriterien zu bestimmen. Dabei müsse die bezüglich potenzieller Heimatschutzobjekte entwickelte Rechtsprechung, wonach sich ein Nachbar nicht damit begnügen dürfe, die Schutzwürdigkeit der angrenzenden Baute bloss zu behaupten, sondern diese anhand konkreter Anhaltspunkte aufzuzeigen habe, aufgrund der identischen Rechtsgrundlagen auch für Naturschutzobjekte gelten. Insoweit habe die fachmännische Nennung von schützenswerten Lebensraumtypen gemäss Anhang 1 NHV bzw. von gemäss der im Auftrag des Bafu erstellten „Roten Liste der gefährdeten Lebensräume“ als verletzlich bezeichneten Lebensräumen für die Begründung der behaupteten Schutzwürdigkeitsvermutung als ausreichend zu gelten.

Anordnung von Schutzwürdigkeitsabklärungen
Vorliegend bestünden konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Biotops auf dem Baugrundstück. Aus dem Umstand, dass kein Inventareintrag oder Vermerk im Richtplan bestehe, könne nicht von vornherein auf das Fehlen eines Biotops geschlossen werden. Zudem sei nicht auszuschliessen, dass sich die Lebensraumpotenziale für Feuchtgebietsergänzungen bzw. Magerwiesen, welche gemäss GIS-Browser im Süden und Osten in das Baugrundstück hineinragten, über die Freihaltezone hinaus auf den bisher unbebauten Bereich in der Bauzone ausgedehnt hätten bzw. dass sich darauf im Laufe der Zeit schutzwürdige Lebensräume (Halbtrockenrasen und Fromentalwiesen) gebildet haben könnten. Dass die vom Baurekursgericht anlässlich des Augenscheins festgestellten Vögel und Schmetterlinge an sich nichts über das Vorliegen schutzwürdiger Verhältnisse aussagen würden, treffe zwar zu, stelle indes deren mögliches Vorhandensein nicht infrage. Schliesslich sei die Vorinstanz an keiner Stelle davon ausgegangen, dass die Bauherrschaft oder die Baubehörde die fehlende Schutzwürdigkeit des Gartens aufzeigen müsste, sondern habe vielmehr zu Recht ausreichende Anhaltspunkte festgestellt, welche Abklärungen erforderlich machten. Die Verpflichtung des Gemeinwesens hierzu ergebe sich denn auch aus dessen Selbstbindung nach § 204 PBG sowie Art. 1 der kantonalen Natur- und Heimatschutzverordnung (KNHV), welche ohne förmliche Unterschutzstellung oder Aufnahme in ein Inventar bestehe.

Aus diesen Gründen wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde der Bauherrschaft ab, womit nun der Gemeinderat am Zuge ist, in einem ordentlichen Verfahren zur Prüfung der Schutzwürdigkeit die Vermutung des Vorhandenseins eines Biotops zu prüfen, ehe über die neuerliche Erteilung einer Baubewilligung befunden werden kann. Bis dahin bleibt das unbebaute Baugrundstück den Schmetterlingen vorbehalten.

Text: Regula Fellner

Regula Fellner ist Fachanwältin SAV Bau- und Immobilienrecht und als Senior Associate bei PMP Rechtsanwälte AG beratend und prozessierend tätig. Daneben referiert und berichtet sie in ihrem Blog regelmässig über aktuelle Themen aus dem Bau- und Immobilienrecht.

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