Urheberrechtsfragen bei Planerverträgen sind zwar nicht gerade an der Tagesordnung, jedoch immer wieder Gegenstand von Diskussionen und Streitigkeiten. Meist liegt der Grund darin, dass der Vergütung für die sogenannten Verwendungsrechte an den Projektergebnissen in den normalerweise verwendeten Honorarmodellen und Musterverträgen kein genügendes Gewicht eingeräumt wird.
Das Urheberrecht gehört zu den Immaterialgüterrechten. Immaterialgüterrechte sind absolute Rechte, welche vergleichbar mit dem Sachenrecht der Rechteinhaberin Rechte einräumen, die sie gegen alle anderen Personen geltend machen kann. Wie die Bezeichnung „immaterial“ aussagt, handelt es sich bei den Immaterialgüterrechten nicht um (Eigentums-)Rechte an einer physischen Sache oder einem Bauwerk, sondern am entsprechenden planerischen „geistigen“ immateriellen Werk des Urhebers, somit an der geistigen Schöpfung daran. Der Urheberrechtsschutz schützt den Urheber eines geistigen Werkes in seinen Rechten. Ohne das Urheberrecht hätte der Urheber eines geistigen Werkes keinen Schutz, denn die Eigentumsrechte des Sachenrechtes umfassen nur physische Sachen.
Bezogen auf das Bauwerk, ist der vom Urheberrecht geschützte Wert die konzeptionelle und baukünstlerische geistige Leistung des Urhebers (d.h. des Planenden). Art. 2 URG schützt Werke mit wissenschaftlichem oder technischem Inhalt wie Zeichnungen, Pläne, Karten oder plastische Darstellungen sowie Werke der Baukunst. Durch das Urheberrecht wird jedoch streng genommen nicht das Bauwerk oder der physische Plan, sondern die geistige immaterielle Leistung dahinter geschützt. Die oft verwendete Bezeichnung des „geschützten Werkes“ ist somit dogmatisch nicht ganz korrekt.
Wer hat das Recht, die Pläne und das Projekt zu verwenden?
Art. 16 Abs. 3 URG legt fest, dass grundsätzlich der Urheber allein berechtigt ist, sein Werk zu vervielfältigen, worunter auch die erstmalige bauliche Ausführung des auf den Plänen geschaffenen Werkes verstanden wird. Dieses Recht ist aber übertragbar.
Auch ohne explizite vertragliche Regelung gehen Rechtsprechung und Lehre davon aus, dass bei einem entschädigten Architektenvertrag die Auftraggeberin mit Bezahlung des Architektenhonorars das Recht zur einmaligen Ausführung übertragen erhält, auch wenn dies nicht explizit so im Vertrag geregelt ist. Dies entspricht der sogenannten Zweckübertragungstheorie, nach welcher die Urheberrechte immer so weit auf den Vertragspartner übergehen, als dies der Zweck des Vertrages erfordert.
In der aktuellen SIA Ordnung 102 wird in Art 1.3.1 geregelt, dass die Urheberrechte grundsätzlich beim Planer bleiben. Art. 1.5.3 legt jedoch fest, dass der Auftraggeberin mit der Zahlung des Honorars das (nicht ausschliessliche) Recht zusteht, die Arbeitsergebnisse der Beauftragten für das vereinbarte Projekt zu verwenden. Auch in den Standardvertragsdokumenten der Koordinationskonferenz der Bau- und Liegenschaftsorgane der öffentlichen Bauherren (KBOB) wird die Regelung festgehalten, dass die Auftraggeberin mit der Zahlung des vereinbarten Honorars das Recht enthält, die Arbeitsergebnisse der Beauftragten für das vereinbarte Projekt zu nutzen.
Welche Bezahlung für welche Rechte?
Soweit der Vertrag vollständig vollzogen wird, ist die Ausgangslage klar und meist auch unstrittig. Diskussionen und Streitigkeiten entstehen aber oft dann, wenn die Zusammenarbeit nach einer gewissen Zeit oder schon kurz nach Beginn beendet wird, sprich eine der Parteien den Vertrag kündet oder (im Falle, dass nur einzelne Phasen beauftragt wurden) die Zusammenarbeit nicht weitergeführt wird.
In diesem Falle geht man in der Praxis davon aus, dass die Auftraggeberin mit der Bezahlung des Honorars für die bereits erbrachten Leistungen das Recht erhält, diese Leistungen auch für das vereinbarte Projekt zu nutzen und entsprechend die Projektergebnisse auch weiterzubearbeiten.
Die allgemeinen Vertragsbedingungen KBOB für Planungsleistungen, Ausgabe 2024, sehen denn auch vor, dass der Auftraggeberin das unentgeltliche, unwiderrufliche und nicht ausschliessliche Recht zusteht, die Arbeitsergebnisse der Beauftragten zur Vollendung des Projektes für ihre Bedürfnisse frei zu verwenden. Für den Fall, dass die Auftraggeberin von diesem Recht ohne Einbezug der Beauftragten Gebrauch macht, steht dieser das Recht auf Bezahlung des in diesem Zeitpunkt geschuldeten Honorars zu. Soweit der Honoraranspruch streitig ist, hat die Auftraggeberin den entsprechenden Betrag zu hinterlegen oder anderweitig sicherzustellen. Insbesondere wird in Ziffer 15.3 AVB KBOB festgehalten, dass das Abänderungsrecht der Auftraggeberin bezüglich der Arbeitsergebnisse der Beauftragten in begründeten Fällen bereits während der Planungsphase gilt, sowie auch für den Fall, dass der Vertrag vorzeitig aufgelöst wird, sofern die Auftraggeberin nicht selbst den Grund für die Vertragsauflösung zu vertreten hat.
Damit ist sowohl im SIA- als auch KBOB-Vertragsmodell die Sachlage so, dass auch bei einer vorzeitigen Vertragsauflösung oder fehlenden Beauftragung zur Weiterbearbeitung die Auftraggeberin gegen Bezahlung der bis zum Zeitpunkt der Beendigung der Zusammenarbeit erbrachten Leistungen das Recht erhält, die Arbeitsergebnisse zu nutzen und auch weiterzubearbeiten.
Aus Sicht der Auftraggeberin ist diese Regelung verständlich. Schliesslich bezahlt diese die Urheberin für die erbrachten Planungsleistungen und will diese auch nutzen können. Andernfalls wäre Erstere in ihrer von OR 404 und der Rechtsprechung garantierten Entscheidungsfreiheit, einen Planervertrag jederzeit künden zu können bzw. nach einem Vorprojekt keine Weiterbearbeitungen zu beauftragen, massiv eingeschränkt.
Doch immer wieder fühlen sich die Planenden/Urheber nach einer vorzeitigen Auflösung des Vertrages oder einem Verzicht auf Weiterbearbeitung „über den Tisch gezogen“, wenn die Auftraggeberin die Projektergebnisse weiternutzen und auch bearbeiten will. Weshalb, wenn die Urheberin doch für die bereits erbrachten Leistungen bezahlt wird? Dies liegt weniger an der vertraglichen Regelung, sondern mehr an einem Vergütungsmodell, das dem Wert der geistigen Leistung der Planenden (und damit dem Verwendungsrecht an einem Projektergebnis) zu wenig oder gar kein Gewicht einräumt.
Denn die SIA-Honorarordnungen kennen keinen Honoraranteil, welcher für die Übertragung des Nutzungsrechtes der Urheberrechte zu bezahlen ist. Sowohl bei einem Modell nach Aufwand als auch dem in der Vergangenheit oft angewendeten Honorarmodell nach Baukosten (Festpreismodell) wird dem eigentlichen Urheberrecht bzw. dessen Übertragung kein Preisschild angehängt. Vielmehr gehen diese Modelle (zumindest implizit) davon aus, dass die Übertragung des Verwendungsrechts mit dem Honorar für die eigentlichen Arbeitsleistungen abgegolten wird. Teilweise geht man davon aus, dieses Recht sei im Honorar inkludiert. Die AGB der KBOB sprechen gar von einem unentgeltlichen Recht (vgl. Art. 15.2 KBOB). Die ergänzende Formulierung, dass der Beauftragten im Gegenzug einen Anspruch („das Recht“) auf Bezahlung des in diesem Zeitpunkt geschuldeten Honorars zusteht, ist m.E. sehr unglücklich formuliert. Denn ihr Anspruch auf Bezahlung des Honorars für erbrachte Leistungen besteht ja ohnehin.
Mag dies eine Spitzfindigkeit zu einer unglücklich formulierten Regelung sein, zeigt sich aber generell, dass weder die SIA-Ordnung noch das KBOB-Vertragsmodell eine eigenständige Entschädigung für die Übertragung der Verwendungsrechte eines Projektes vorsehen. Darin besteht der Hauptgrund, weshalb bei einer vorzeitigen Beendigung der Zusammenarbeit die Urheber des Projektes sich regelmässig geprellt fühlen, wenn die Auftraggeberin zwar das Honorar für die bereits erbrachten Leistungen bezahlt, aber die Projektergebnisse, ohne sie weiter zu beauftragen, weiterbearbeitet und nutzt.
Dies liegt daran, dass die urheberrechtlich „relevante“ Leistung eines Planers (d.h. die kreativen geistigen Schöpfungen etc.) i.d.R. schwerpunktmässig in der Anfangsphase eines Projektes geleistet wird bzw. darin auch immer viele Vorinvestitionen, Ideen, und Fähigkeiten der Urheberin enthalten sind. Diese Leistungen werden in einem aufwandbasierten Honorarmodell in Stunden oder einem pauschalisierenden Festpreis nicht oder nur ungenügend abgebildet. Oft wird ein grosser Teil der Projektierung bzw. der intellektuellen Entwurfsleistungen, wie das Suchen und Finden von Ideen und Konzepten, überhaupt nicht im Aufwandmodell vergütet. Diese erfolgen als Vorleistungen im Rahmen der Akquise, um die potenzielle Auftraggeberin von den eigenen Fähigkeiten und der Qualität zu überzeugen und den Zuschlag für den Auftrag zu erhalten.
Eine extreme Form dieser Akquisen mit Projektierungsleistungen ist der Architektur/Projektwettbewerb, bei denen die Bewerber sich mit sehr weit gehenden Entwürfen und Projekten um den Zuschlag für den späteren Auftrag bewerben. In den entsprechenden Wettbewerbsordnungen sind es die Preisgelder, die das Verwendungsrecht des Auftraggebers abgelten. Teilweise wird in den Wettbewerbsordnungen auch eine zusätzliche Entschädigung vorgesehen, welche zu bezahlen ist, wenn die Auftraggeberin das Projekt übernehmen, aber die weiteren Planungsleistungen nicht durch den Urheber des Projektes vornehmen lassen will.
Eine solche Regelung könnte auch ausserhalb solcher Wettbewerbsverfahren eine Lösung für das Dilemma sein: Die Planenden müssen dazu übergehen, ihrer geistigen Leistung und Schöpfung ein Preisschild umzuhängen. Jedenfalls dann, wenn eine Verbesserung bei der Frage der Entschädigung des Urheberrechts bzw. des Verwendungsrechts bei vorzeitigen Vertragsauflösungen oder fehlender Weiterbeauftragung erreicht werden will. So ist eine Vereinbarung mit einer Zusatzentschädigung für das Ausführungsrecht denkbar, welche dann zum Zug kommt, wenn die Auftraggeberin für die Ausführung einen anderen Planer als die Urheberin beauftragt. Dies erfordert aber eine Abkehr von den rein aufwand- oder bausummenbestimmenden Honorarmodellen. Vielmehr ist der geistigen Leistung mehr Gewicht und damit auch ein Wert einzuräumen. Unentgeltlich soll dieses Verwendungsrecht jedenfalls nicht sein.
Text: Christoph Schärli
Christoph Schärli ist als Rechtsanwalt auf das Gebiet des öffentlichen Beschaffungsrechts und Submissionsrechts sowie des Bau- und Planungsrechts spezialisiert. Er ist Partner und Rechtsanwalt bei VIADUKT Recht GmbH. In seinen Themengebieten ist er regelmässig als Dozent und Referent tätig und publiziert zu Themen des öffentlichen Beschaffungsrechts auf seinem Blog: submissionsrecht.ch