Im Gespräch mit Jachen Könz

“Architektur ist so real wie essen und trinken.” (Jachen Könz) – In unserem Format Vis-à-Vis sprechen Schweizer Architektinnen und Architekten über die verschiedenen Gesichtspunkte ihres Berufs und beantworten Fragen zu ihrer Idee von Schönheit und der Rolle, die sie in der Gesellschaft einnehmen.

Welche Aufgaben beschäftigen Sie gerade?
Die Erneuerung der Autobahn zwischen Lugano und Mendrisio betreffend architektonischer Gestaltung und Einfügung in die Landschaft nimmt mich ein. Die Wahl einer teilweise neuen Linienführung sowie eine neue Anordnung der Ein- und Ausfahrten ermöglichen ein neues Verkehrskonzept – auch auf kantonaler und Gemeindeebene bis hin zum Langsamverkehr. Davon ausgehend geht es um die Gestaltung der Kunstbauten, der Tunnelportale, der Verbreiterung von Viadukten, der Gestaltung von Lärmschutzwänden bis hin zu urbanen Vorschlägen auf Gemeindeebene.

Welches architektonische Werk hat Sie kürzlich begeistert?
Wir waren kürzlich in Marokko, wo vor allem zwei Ruinen einen starken Eindruck bei mir hinterlassen haben: Die Hassan-Moschee in Rabat, von welcher gerade noch der Sockel mit den Säulen und der Turm übrig geblieben sind und die sich auf erhöhter Lage befindet und inmitten der Landschaft mit Sicht zum Meer einen Platz ausbildet, sowie die alte Römerstadt Volubilis. Erneut hat sich dort die Stärke der architektonischen und urbanen Grundelemente und der Typologien, in Zusammenhang mit der Landschaft, offenbart.

Inwiefern unterstützen oder behindern neuartige Materialien die Architektursprache?
Ob eine neuartige Rebsorte einen neuen Wein hervorbringt? Architektur ist so real wie essen und trinken und hat mit den Elementen unserer Welt zu tun: mit Wasser, Erde, Sonne, Wind und vor allem Raum. Das Grundwesen der Architektur, nämlich der Raum, kann mit den bekannten Materialien zur Genüge zum Ausdruck gebracht werden. Technik und neue Materialien sind ein Instrument der Bauten, die interessant sind und neue Möglichkeiten geben können, sie können aber auch leicht vom Wesen ablenken.

Haben Sie eine Idee von Schönheit?
Schön ist, wenn alles zusammen als Einheit stimmt – die Übereinstimmung von Inhalt und Form auf eine ehrliche Art. Schönheit stellt eine Wahrheit dar. Darüber hinaus bringt sie eine Lebensweise und -freude zum Ausdruck. 

Wann wird ein Gebäude zu Architektur?
Architektur ist die Kunst des Raumes: Wenn ein Baukörper Raum erzeugt, ein Eigenleben, eine Autonomie erreicht und im Kontext – sei es landschaftlich oder urban – eine Beziehung herstellen kann, entsteht Architektur. Zudem muss sie eine Aussage machen, und das am besten mit Poesie.

Welche Tugenden sollte ein Architekt erfüllen?
Der Architekt sollte der Gesellschaft dienen. Er soll seinen Beruf als Handwerk des Bauwerkes verstehen und als Intellektueller des Raumes, vor allem des öffentlichen.

Welche Rolle spielt der Architekt in der Gesellschaft?
Eine grosse, denn er baut ihr die räumliche Lebensgrundlage.

Welche Rolle sollte heute die Politik gegenüber der Architektur spielen?
Die gleiche wie gegenüber der Musik: Sie soll diese fördern und nicht meinen, weil sie Musik liebe, selbst ein Musiker zu sein. In diesem Sinn sollte sie die Architektur ihrer Bedeutung und Komplexität wegen ernst nehmen mit der Schaffung eines Rahmens, innerhalb dessen ein reger Austausch zwischen den Fachleuten möglich wird. Dies gilt vor allem auch für die urbane Planung, die räumlich gedacht werden müsste.

Kann Architektur die Welt verbessern?
Architektur kann als Ausdruck einer Gesellschaft einen kulturellen Beitrag leisten. Architektur hat wunderbares hervorgebracht. Die Besinnung auf Grundwerte und der Einsatz für die Gesellschaft sind die Voraussetzung, die Welt zu verbessern.

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