Als Komplettanbieter für hochwertige Textilien produziert das Familienunternehmen Tisca Tischhauser AG – sowohl für Innen- als auch Aussenräume – textile Bodenbeläge, verschiedenste Stoffe sowie Sportbeläge. Regelmässig entstehen in Zusammenarbeit mit Künstlern und Fotografen unikate Werke, wie auch der handgetuftete Teppich im Zeughaus Teufen.
Herr Tischhauser, als Vorbild für das Teppichmotiv diente Martin Linsis Fotografie des Dachstuhls in Ebnet. Wie kam es zu der Idee, dieses als Teppich umzusetzen?
Den Stein ins Rollen brachte die Thematik der Schönheit der Geometrie, die wir im Zeughaus Teufen darstellen wollten. Uns beschäftigte die Frage, ob geometrische Strukturen auch ästhetischen oder rein technischen Aspekten gerecht werden – die Konstruktionen der Familie Grubenmann war dafür überaus passend. Vielmehr als auf statischen Berechnungen basierte die Lastenverteilung der Tragwerke auf dem intuitiven Verständnis der Ingenieure. Demnach können ihre Konstrukte auch gleichermassen als Kunst verstanden werden und diese lässt sich präsentieren.
Wie lassen sich demnach der Raum, der Teppich und das Foto in Verbindung bringen?
Das Spiel mit den Dimensionen verbindet die Elemente. Das räumliche, komplexe Konstrukt wird in eine zweidimensionale Abbildung umgewandelt und in einen Teppich übersetzt, der danach wieder in einem Raum zur Geltung kommt und optisch als auch haptisch wahrnehmbar ist.
Somit wird die Dreidimensionalität des Dachstuhls auf eine planare Ebene heruntergebrochen – gehen dabei nicht Qualitäten verloren?
Vielmehr sollte hier der Gewinn an Werten in den Vordergrund gerückt werden: Aus der analog gedachten Fotografie entsteht ein Handwerksprodukt, das durchaus als digitales Erzeugnis verstanden werden kann.
Inwiefern kann ein Teppich digital sein?
Hierfür muss der Teppich als Addition unzähliger Fäden verstanden werden, die in einem präzisen Raster angeordnet sind und respektive als Pixel verstanden werden können. Dadurch wird ein Pixel-Effekt erreicht, welcher bei naher Betrachtung zwar sichtbar ist, im Gesamtbild aber mit etwas Abstand und in Kombination mit der Farbgebung die Dreidimensionalität des Fotos widerspiegelt.
Wie kann man sich den Herstellungsprozess genau vorstellen?
Die Detailformen des gewünschten Motivs werden auf ein Grundtuch in Originalgrösse des Endprodukts übertragen, in welches danach im Handtuft-Verfahren die vordefinierten Garne und Farbmischungen eingeführt werden. Jeder einzelne Faden wird dabei von Hand mit einer Art Pistole in das Grundtuch geschossen. Für diesen Teppich wurde reine Schurwolle mit der besten Wollqualität aus Neuseeland verwendet.
Was macht die Handtuft-Technik so besonders?
Die beinahe unbegrenzten Möglichkeiten dieser Herstellungsmethode, die völlige Freiheit in Garndicke, Oberflächenstruktur, Florhöhe, Form und Farbe sowie, letztendlich dem Dessin zulässt. Zudem ermöglicht diese Flexibilität die optimale Abstimmung auf das Interieur-Design, sodass architektonische Elemente oder besondere Raummerkmale subtil in den Teppich einfliessen können. Gleichzeitig fokussieren unsere Handtuft-Teppiche auf Struktur und Fläche sowie auf die unterschiedlichen Ebenen von der Schlinge bis hin zum Freiraum im Teppich. Dies führt zu neuen Erfahrungen in der Materialität und unterstützt den Trend in der Architektur, Raumerlebnisse über Materialien spürbar zu machen.
Klingt nach einem komplexen Prozess. Wie lange dauerte die Fertigstellung des ausgestellten Teppichs?
In etwa zwei Monate intensiver Arbeit waren nötig, um die sämtlichen Arbeitsschritte angefangen von der Auswahl der richtigen Garnfarben über die Übertragung des Fotomotivs bis hin zur eigentlichen Produktion abzuschliessen.
Was stellte dabei die grösste Herausforderung dar?
Die Vorlage lebt von den vielen Grau-Schattierungen, daher stellte die Auswahl der richtigen Farben und deren Helligkeiten ein zentrales Thema dar. Mit einer Vielzahl an Grau- und weiteren Farbtönen konnte die Perspektive, Tiefe sowie die helleren oder dunkleren Bereiche der Fotografie nachempfunden werden.
War dies ein Pilotprojekt oder stellen Sie öfters Teppiche nach Abbildungen her?
Kundenspezifische Unikate zu produzieren gehört zu unserem täglichen Geschäft. Hierfür erhalten wir Vorlagen in unterschiedlichsten Formaten, wie in etwa Skizzen, Fotos, Gemälden und vielen weiteren.
Somit ist auch der Teppich im Zeughaus Teufen ein Einzelstück?
Ja sowie jeder unserer Tisca Handtuft- und Handweb-Teppiche, die in liebevoller Handarbeit auf Bestellung hergestellt werden.
Handelt es sich bei eben jenem Projekt eher um Kunst oder Handwerk? Oder sogar doch als Handwerkskunst?
Die Fotografie verstehe ich als künstlerisches Auftragswerk, doch auch die Handwerkerinnen schafften mit ihrer Interpretierung der Vorlage ein Kunstwerk. Denn sie waren völlig frei in der Umsetzung. Der Fotograf sah erst das Schlussresultat, das hingegen der Aufnahme auch einige Farben aufweist. Im Zeughaus Teufen werden die Grenzen zwischen Handwerk und Kunst fliessend gesehen, diese Zuschreibungen sind eher unwichtig. Wichtig ist, dass differenzierter über Fragen nachgedacht werden kann.
Und dieses Kunststück dient nun nur als Ausstellungsstück?
Natürlich könnte der Teppich als reines Ausstellungsstück an der Wand verwendet werden, wäre jedoch auch perfekt als Gebrauchsgegenstand am Boden geeignet.
Wird auch künftig mit Künstlern zusammengearbeitet?
Wir arbeiten regelmässig mit Künstlern und Galerien rund um den Globus zusammen, die im Anschluss meist auch das Endprodukt verkaufen. Ein herausragendes Beispiel ist die Kooperation mit der Künstlerin Isabel Nolan zu nennen, die schon mehrere Teppiche produzieren liess. Der grösste war ein 22 x 2,5 m riesiger Wandteppich für den Bloomberg Space in London, der 2018 dort monatelang ausgestellt war und dann von Bloomberg der Tate Modern geschenkt wurde.
Mittlerweile besteht das Familienunternehmen Tisca nun schon seit 80 Jahren. Vermutlich ist nicht alles beim Alten geblieben?
Verändert haben sich vor allem die von uns betriebenen Herstellungstechniken sowie die Geschäftsfelder, in denen wir aktiv sind. Damals wurde nur das Handweben sowie das Handknüpfen angewandt, heute verzeichnen wir zusätzliche Techniken – die Stoff- und Teppichweberei, die Tufting-Fabrik, das Stickverfahren oder eben das Handtuften –, um Produkte für die Bereiche Objekt, Mobility, Sports sowie dem üblichen Heimbereich herzustellen. Dabei ist der Fokus auf Design, die technische Entwicklung sowie die Ansprüche an höchste Qualität geblieben. Seit jeher nutzen wir die Möglichkeiten von Textilien und entwickeln diese weiter, um Räume zu Lebensräumen umzugestalten.