Wir bauen, wie wir leben

Nach Mut zur Schönheit in Österreichs Baugeschehen ruft Tarek Leitner in seinem gleichnamigen Buch auf. Im Gespräch stellt er sich Fragen zu seiner Publikation und ruft uns auf, sich wieder bewusster mit der gebauten Umgebung auseinanderzusetzen.

Am Beispiel der österreichischen Baulandschaft zeigt der vom ORF bekannte Journalist und studierte Rechtswissenschaftler die Auswüchse unserer baulichen Eingriffe auf. Mit der Frage „Wie wollen wir denn leben“ appelliert er an die Gesellschaft, den Umgang mit den Landschaftsressourcen, die Gestaltung unserer Umgebung und den Konsum der Landschaft in jeglicher Hinsicht zu überdenken.

Herr Leitner, mit Ihrem Buch „Mut zur Schönheit“ verlangen Sie eben nach dieser. Was verstehen Sie aber unter Schönheit?
Zuerst muss ich klarstellen, dass ich mich hier auf die Schönheit der gebauten Lebensumgebung beziehe – auf Baukultur im weitesten Sinn. Somit schwingt mit dem Begriff vieles mit: Die Atmosphäre, die Abwesenheit verstörender Farben sowie gute Proportionen von Formen bei Baukörpern und deren Oberflächenbeschaffenheit, die zu dem gewünschten Wohlfühlfaktor führen. Die Schönheit ist als Gesamtpaket verschiedener, harmonierender Faktoren zu verstehen.

Das Streben und der Wunsch nach Schönheit ist in unserer Gesellschaft fest verwurzelt. Würde es dann nicht eher den Mut zur Hässlichkeit brauchen
Allerdings – gegenwärtig ist emsiges Streben nach Schönheit in der Gesellschaft ein zentrales Thema. Leider aber nicht, wenn es unsere gebaute Umwelt betrifft. Hier dominiert im Allgemeinen das Diktat der Wirtschaftlichkeit oder ein fehlgeleiteter und übertriebener Hang zum Individualismus, mit dem man in die Landschaft schreien will, hier bin ich! Doch uns fehlt es insbesondere am Mut zur Artikulierung, dass wir eben jenes als nicht schön empfinden.

Das „nicht Schöne“ nennen Sie nicht gerne beim Namen, dem „Hässlichen“.
Das hat einen Grund. Im österreichischen Deutsch gibt es ein noch besseres Wort, um meinen Beobachtungen Ausdruck zu verleihen: schiach, oder auch schirch geschrieben. Diesem Begriff wohnt zudem diese gewisse Gleichgültigkeit inne:  Hässliches kann bewusst gestaltet, aber dann misslungen sein. Schiaches jedoch geschieht zusätzlich, meist auch noch völlig unbedacht.

Mehr über die Ansichten von Herrn Leitner sind in unserer Ausgabe 02/20 zu lesen.

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