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Nicht leicht für einen Ingenieur

Dr. Urs Wiederkehr ist Bauingenieur und Leiter des Fachbereichs Digitale Prozesse auf der Geschäftsstelle des Schweizerischen Ingenieur- und Architektenvereins (SIA). Für diese 6-teilige Kolumne verlässt sich Dr. Urs Wiederkehr 2022 auf den Zufall – so wie er einst zum Schreiben kam.

Für regelmässige Leserinnen und Leser meiner letztjährigen Modulør-Kolumne „Urs‘ Wiederkehr an seine Wohnorte“ wird es keinen Zufall sein, dass ich den Zufall zum Thema meiner diesjährigen Kolumnenserie mache. In zwei Ausgaben bin ich 2021 mit dem Zufälligen konfrontiert worden, und darum werde ich mich dieses Jahr mit ihm beschäftigen.

Das Schreiben von Kolumnen an dieser Stelle hat eine Ursache jenseits von jedem Zufall: Eine Anfrage des damaligen Chefredaktoren hat ab 2012 dazu geführt, dass der SIA-Geschäftsbereich Dienstleistungen bzw. die SIA-Geschäftsstelle angefangen hat, regelmässig Texte für dieses Magazin zu schreiben. Aufgrund der damals geplanten Heftthemen habe ich bei geeigneten Personen angefragt, ob sie eine entsprechende Kolumne beisteuern wollen. Oft haben sie zugesagt. Ein paar Tage vor dem Abgabetermin aber haben sie mir häufig mitgeteilt, dass sie es doch nicht schaffen werden. So bin ich zufallslos von dem Umstand eingeholt worden, kurzfristig selbst zu schreiben oder zur Not einen versprochenen Beitrag ausfallen zu lassen.

Nach drei Jahren war es kein Zufall mehr, dass ich ab 2015 alle Folgen der Kolumne selbst schrieb. Es war für mich eine Konsequenz ins Planbare, um der unplanbaren Zufälligkeit zu entweichen. Quasi eine selbst bestimmte Bequemlichkeit, um nicht im letzten Moment eine Arbeit erledigen zu müssen, die delegiert hätte sein sollen. Und dass ich nun weiterschreibe, ist einzig und allein darauf zurückzuführen, dass meine Texte anscheinend nicht allzu schlecht sind, sodass mich die verantwortliche Chefredaktion zum Jahresschluss jeweils wieder aufforderte, weiterzuschreiben.

Eben vor dem Mittag habe ich den Zufall ebenfalls ausschliessen können, als sich Katze Gina und Kater Moritz während meiner Onlinesitzung vor die Kamera gedrängt haben: Es ist auf den leeren Futternapf zurückzuführen. Wenn ich allein zu Hause bin, ist den beiden klar, wie sie meine Aufmerksamkeit zur Stillung ihres Hungers ultimativ aktivieren können. Umgekehrt kann ich es, ohne den Zufall zu forcieren, so steuern, dass ich meine Onlinepartnerinnen und -partner nicht enttäuschen muss. Ein leerer Futternapf ist nämlich ein Garant dafür, dass sich die beiden zeigen, was anscheinend von verschiedenen Teilnehmenden geschätzt wird. Eine solche Einmischung von privaten Ereignissen ist früher verpönt gewesen, nun ist es kein Zufall, wenn alles geschätzt wird, was zur Zeit der Corona-Pandemie eine Abwechslung in den Onlinealltag bringt.

Ich bin konsequent und werde nicht Wasser predigen und Wein trinken. Aus diesem Grund lege ich dieses Jahr alle meine ingenieursmässigen Verhaltensweisen ab: Zum ersten Mal habe ich die möglichen Inhalte der folgenden Kolumnen nicht im Voraus skizziert. Also liebe Leserin, liebe Leser, liebe Redakteurinnen und Redakeuren: Wir überlassen es dieses Jahr dem Zufall, ob ich in etwa zwei Monaten, wenn der nächste Text fällig ist, das geeignete Sujet zur Zufalls-Kolumne zum richtigen Zeitpunkt finde. Als Ingenieur fällt mir dieses absichtliche Nichtplanen aber schwer.

Kater Moritz
Kater Moritz sucht nicht zufällig die Aufmerksamkeit im Homeoffice des Autors. Dass Katze Gina es gleichzeitig auch tun würde, wäre vermutlich reiner Zufall.

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