Das Engadin begeistert vor allem mit seiner einzigartigen landschaftlichen Kulisse und seinen unzähligen Traditionen. Während des Open Doors Engadin vom 29. und 30.6.2024 wird die Vielfalt in der Architektur, die Bandbreite der dortigen Baukultur sowie die rege Bautätigkeit der Schweizer Bergregion gezeigt. Einen Einblick in ihre Arbeit hat uns Caty Emonet des Studios C Architekten gegeben.
Was hat Ihre Heimat architektonisch zu bieten?
Zuerst kommen mir die historischen Bauten in den Sinn – vor allem die Engadinerhäuser der Dorfkernzonen. Diese sind zum einen ganz einfache Bauernhäuser mit simplen Holzstuben und grossen Heuställen und zum anderen herrschaftliche Patrizierhäuser mit sehr hochwertigen Innenausbauten. Durch die touristische Bedeutung des Tals und die Bäderkultur sind aber auch andere wertvolle architektonische Zeitzeugen entstanden wie z. B. die grossen Hotelbauten. Es gibt also eine grosse und wertvolle, historische Bausubstanz, die zusammen mit der Landschaft einen guten Nährboden für neue Architekturprojekte bietet. Dies sieht man nicht nur an den zahlreichen neuen, architektonisch qualitativ hochstehenden Projekten im Oberengadin, sondern auch an den wichtigen Umbauten alter Häuser. Dazu kommt, dass gute Architektur nur zusammen mit den Menschen entsteht – Offenheit für Wandel, Wertschätzung gegenüber dem Bestand seitens der Bauherren ist unumgänglich. Durch die kulturelle Vielfalt und die Internationalität des Engadins gibt es hier glücklicherweise eine offenere und diversifiziertere Klientel als in anderen Bergregionen.
Ihr Büro verfolgt die Philosophie „Architektur nach Bedürfnissen“. Wie fliesst dieses Motto in das Projekt Villa Klainguti ein?
In diesem Projekt galt es, die zukünftige Nutzung des Hauses als touristisch vermietete Villa in Einklang mit der Architektur zu bringen. Es sollte exklusiv sein, aber nicht protzig und mit Respekt dem Alten gegenübertreten. Gezielt haben wir Bereiche unberührt belassen, während wir anderenorts Akzente geschaffen haben, indem wir Neues wie Farbe oder moderne Möbelstücke ins Spiel gebracht haben. Dabei muss man sich jener Verantwortung im Klaren sein, dass ein solcher Hausumbau auch den Mut zur Veränderung braucht, wenn diese die bestehende Substanz und deren Qualitäten verbessert. So sollen die zukünftigen Nutzenden die Räume der Villa Klainguti betreten, das Gefühl der Selbstverständlichkeit bekommen und ein harmonisches Zusammenspiel von Neu und Alt erfahren.
Mit ebenjenem Projekt sind Sie beim diesjährigen Open Doors Engadin vertreten. Das Zusammenspiel von Erhalten und Erneuern war hier ein grosses Thema. Wie findet man hierin die richtige Balance?
Indem man das Objekt, den Ort und die Menschen in den Fokus stellt – frei von jeglicher Selbstverwirklichung.
Was macht dieses Projekt so besonders?
Der Umbau und das dadurch veränderte Erscheinungsbild der Villa, das Wiederbeleben und Verstärken ihrer architektonischen Qualitäten und ihres historischen Werts. Dies macht den Bau zu einem Juwel, welches nicht nur Geschichten erzählt, sondern auch wichtige Baukultur und Architektur des Engadins darstellt. Der historische Wert, sein Kontext hinsichtlich der Lage sowie Einzigartigkeiten wie z. B. die bestehenden und restaurierten Deckenmalereien sind im Engadin selten zu finden.
Apropos Engadin. Die Veranstaltung will dort die Architekturlandschaft dem breiten Publikum zugänglich machen. Was möchten Sie den Besucher:innen insbesondere mit auf den Weg geben?
Die Wichtigkeit unseres architektonischen Nährbodens! Dabei steht nicht nur die Frage nach dem Erhalt im Raum, sondern zugleich um den Mut, offen gegenüber Neuem und Veränderung zu sein.
©Manuel Martini
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