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Wohl auf

Das neue Kinderspital Zürich von Herzog & de Meuron liegt am Fuss des Burghölzli Hügels in Zürich-Lengg in unmittelbarer Nachbarschaft von weiteren Spitalbauten aus unterschiedlichen Epochen. Es ist das grösste Schweizer Spital für Kinder und Jugendliche und umfasst zwei Gebäude, das Akutspital und das Gebäude für Forschung und Lehre.

Das Akutspital
Das neue Kinderspital liegt in einem mit Obstwiesen durchgrünten Wohnquartier in unmittelbarer Nachbarschaft der denkmalgeschützten Psychiatrischen Universitätsklinik (PUK), dem „Burghölzli“. Der Haupteingang, markiert durch ein grosses, offenes Tor, liegt dem Portal des historischen Gebäudes von 1869 exakt gegenüber. Durch die konkave Geste der Eingangsfassade entsteht ein gemeinsamer Vorplatz für beide Institutionen.
Das Tor führt über einen runden, mit Bäumen bepflanzten Hof zur Eingangshalle. Daran angrenzend liegen das Restaurant und der Zugang zu den darunterliegenden Therapiebereichen mit eigenen Gärten. Auf der anderen Seite führt die Hauptstrasse zu den hoch frequentierten Untersuchungs- und Behandlungsbereichen wie Bilddiagnostik oder Chirurgische Tagesklinik. Diese belebte zentrale Achse, die sich den Höfen entlang aufweitet und verengt, endet in der Notfallstation, die auch direkt von Aussen zugänglich ist.
Im Zentrum des ersten Obergeschosses befinden sich beidseits der Hauptstrasse weitere Teile der Polikliniken, die Spitalschule, Apotheke und andere gemeinschaftliche Nutzungen. Eine nach aussen orientierte Bürolandschaft mit rund 600 Arbeitsplätzen für das medizinische und administrative Personal umgibt diese Mittelzone wie einen Kranz. Ein dichtes Netz an Treppen erlaubt schnelle vertikale Verbindungen zu den Behandlungsbereichen darunter und den Bettenstationen darüber.
Im Dachgeschoss, dem ruhigsten Bereich des Akutspitals, wohnen die Kinder und Jugendlichen, die über Nacht oder länger im Spital bleiben müssen. Jedes der 114 Zimmer ist als kleines Holzhaus mit eigenem Dach angelegt, wo die Eltern bei ihren Kindern übernachten können ̶ mit Privatsphäre und Ausblick ins Grüne. Entlang der Hauptstrasse befinden sich hier ausserdem vier Zentren, in denen Kinder und Jugendliche disziplinenübergreifend und in direkter Nähe zu ihren Zimmern behandelt werden.
Die Fassade des Spitals besteht aus einer raumhaltigen Betonstruktur, die Teil des Tragwerks ist. Sie fasst Erdgeschoss und erstes Obergeschoss zusammen. Fassadentiefe und Füllung, ob aus Holz, Glas, Stoff oder Pflanzen, variieren je nach Orientierung und dahinterliegender Funktion. Auch Stützen und Erschliessungskerne sind betoniert, alles andere ist in Leichtbauweise ausgeführt. Dies erlaubt den Abteilungen zu wachsen oder sich zu verkleinern ̶ das flache Gebäude mit seiner markanten äusseren Form verfügt über die für Spitäler so wichtige innere Flexibilität.
Das zurückversetzte Dachgeschoss der Bettenstationen spricht eine eigene architektonische Sprache. Durch die Staffelung der Patientenzimmer und die unterschiedliche Neigung ihrer Dächer ist jedes einzelne Zimmer erkennbar: die Individualität jeder Patientin und jedes Patienten wird mit dem kleinen Haus in einer elementaren, verständlichen Form ausgedrückt. 

Das Gebäude für Forschung und Lehre
Das zylindrische, weisse Gebäude für Forschung und Lehre ist um ein zentrales Atrium herum organisiert. Dadurch werden der Austausch und die Zusammenarbeit der Forschenden untereinander gefördert. Unter diesem Zentralraum breitet sich eine Agora für die Lehre aus, die in direktem Bezug zur umgebenden Landschaft steht. Drei Hörsäle treppen sich in das natürlich abfallende Gelände ein. Tageslicht dringt von aussen ein, bewegliche Trennwände ermöglichen es, die Hörsäle mit Foyer und Café zu einem Grossraum zusammenzuschalten. So kann für ausserordentliche Veranstaltungen eine Agora für 670 Zuschauende mit einer Bühne im Zentrum geschaffen werden. Diese weitet sich nach oben zu einer Galerie aus, auf der offene Arbeitsplätze für Studierende angeordnet sind. Angrenzende Seminarräume auf dem gleichen Geschoss komplettieren das Angebot für die universitäre Lehre.
Forschungs- und Diagnostiklabore sowie dazugehörige Büros mit ständigen Arbeitsplätzen in den oberen fünf Geschossen gewähren uneingeschränkten Ausblick in die umgebende Landschaft. Offene Arbeitsplätze für Doktorandinnen und Labormitarbeitende säumen das Atrium im Innern und erlauben geschossübergreifende Blickbeziehungen ebenso wie in den darunterliegenden Agorabereich. Dieser ist mit dem Atrium durch eine kleine, runde Öffnung in der Decke, ein „Oculus“, verbunden.
Eingebettet in eine umfassende Landschaftsgestaltung, steht das Gebäude für Lehre und Forschung als Solitär in einer Obstbaumwiese, wie sie etwa im Burghölzli Garten vorkommt. Das Gebäude spricht eine abstrakte Formensprache mit klarer Geometrie und wenigen Materialien. Auskragende Balkone mit hohen, weissen Brüstungen lassen das Gebäude gleichzeitig schwer und luftig erscheinen.
Die beiden Gebäude des Kinderspitals ergänzen sich in ihrer Unterschiedlichkeit. Auf der Anhöhe leitet das Gebäude für Forschung und Lehre durch seine runde Form den Blick am Gebäude vorbei in Richtung See. Der horizontale, langgestreckte Baukörper des Akutspitals gliedert sich in die flache Landschaft ein und lässt den Blick auf die dahinterliegende Bergkette frei. Im Akutspital stehen das Individuum, jeder einzelne Patient und sein Heilungsverlauf ebenso im Zentrum wie das Wohlergehen der Angehörigen und Mitarbeitenden. Das Gebäude für Forschung und Lehre ist auf den Austausch und die Zusammenarbeit unter Wissenschaftlern und Studierenden ausgelegt, ohne die keine zukunftsweisende Forschung stattfinden kann. 

Text: Herzog & de Meuron

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