Die Stiftung Ferien im Baudenkmal ist ein Projekt an der Schnittstelle von Tourismus und Denkmalpflege. Sie setzt sich schweizweit für die Erhaltung historisch wertvoller Häuser ein, indem sie leer stehende, vom Zerfall oder Abbruch bedrohte Baudenkmäler übernimmt, sanft restauriert und als Ferienobjekte belebt. Das Angebot der Stiftung Ferien im Baudenkmal wächst stetig und reicht vom mittelalterlichen Holzhaus aus dem 13. Jahrhundert bis zur modernen Stadtwohnung aus den 1930er-Jahren. Neben der Stiftung stellen wir auch ein Objekt aus dem 19. Jahrhundert vor.
In der Schweiz finden sich auf engstem Raum die unterschiedlichsten Baudenkmäler: traditionelle Bauernhäuser, Bürgerhäuser, Zeugen der Industrialisierung und der Anfänge des Tourismus sowie einzigartige Beispiele moderner Architektur. Baudenkmäler sind wichtige Bestandteile intakter Ortsbilder und Landschaften, sie bewahren Geschichte und stiften Identität. Da sie heutigen Wohnansprüchen oft nicht mehr genügen, sind sie von Verfall oder Abriss bedroht. Für ihren Erhalt sind daher nachhaltige Nutzungsformen gefragt.
Mit der Gründung der Stiftung Ferien im Baudenkmal hat der Schweizer Heimatschutz 2005 ein Projekt lanciert, das eine wirtschaftlich tragfähige und zeitgemässe Nutzung von Baudenkmälern ermöglicht und gleichzeitig Baukultur erlebbar macht. „Neben der Erhaltung der Objekte stehen das aktive Erleben, die Vermittlung und die Sensibilisierung für das Thema Baukultur im Vordergrund“, erklärt Christine Matthey, die Geschäftsleiterin der Stiftung. Die Idee, Tourismus und Denkmalpflege miteinander zu verbinden, liegt auf der Hand, denn die Anliegen des Denkmalschutzes lassen sich hervorragend mit dem Bedürfnis vieler Touristen nach Authentizität und Entschleunigung in Einklang bringen. Jahrhundertealte Kulturlandschaften und Baudenkmäler erinnern an eine ruhigere Welt, wirken entspannend und erdend.
Neben dem touristischen Erlebnis sind für Christine Matthey noch andere Aspekte wichtig: „Unser Umgang mit historischer Bausubstanz steht im Zeichen der Nachhaltigkeit. Statt Abriss und Neubau verlängern wir den Lebenszyklus und schonen Ressourcen, indem wir Bestehendes sinnvoll sanieren und ergänzen. Durch die Zusammenarbeit mit lokalen Architekten und Handwerkern tragen wir dazu bei, alte Handwerkstechniken und Wissen zu erhalten. Mit sanftem Tourismus bringen wir Wertschöpfung in Regionen, die oft von Abwanderung betroffen sind. Über die Architektur ermöglichen wir unseren Gästen einen Zugang zur lokalen Geschichte und Bevölkerung.“
In den historischen Häusern von „Ferien im Baudenkmal“ erwacht die Vergangenheit zu neuem Leben. Das Knarren der Dielen, die niedrigen Räume und der einladende Duft des Specksteinofens versetzen den Gast unmittelbar in eine Zeit, in der ein Walliser Blockhaus aus dem 16. Jahrhundert oder eine Jugendstilvilla aus dem 20. Jahrhundert die Blüte erlebte.
Jedes dieser Gebäude hat seine eigene Geschichte, und die meisten haben einige Jahre auf dem Buckel, trotzdem müssen Gäste nicht auf moderne Annehmlichkeiten verzichten. Das Einrichtungskonzept der Stiftung Ferien im Baudenkmal verwebt geschickt historisches Mobiliar mit Schweizer Designklassikern, um ein stimmungsvolles Gesamtbild aus Alt und Neu zu schaffen. Die einzigartigen Ferienhäuser finden sich oft in abgelegenen, ländlichen Regionen, die mit dem Problem der Abwanderung zu kämpfen haben. Hier geht es nicht nur um Denkmalpflege, sondern auch darum, Wertschöpfung und Leben in diese Orte zurückzubringen.
Ein solcher Ort ist Vinelz im bernischen Seeland. Dort hat die Stiftung Ferien im Baudenkmal das Taunerhaus entdeckt, ein Kleinbauernhaus aus dem 19. Jahrhundert, das ursprünglich von den Taunern bewohnt wurde – Kleinbauern, die zur armen Unterschicht gehörten und oft als Tagelöhner für die reichen Grossbauern oder den Klerus arbeiteten. Das Taunerhaus wurde um 1850 erbaut. Gemeinsam mit den Nachbarhäusern und der mittelalterlichen Kirche bildet es ein wunderbar in sich geschlossenes Ortsbild. Die Rundbögen unter dem Vordach und der gut erhaltene Wasserausguss zeugen von seiner Geschichte, während die zweigeschossige Struktur auf eine Nutzung durch zwei Familien oder Generationen hinweist. Im Laufe der Jahre durchlief das Haus Veränderungen, insbesondere nach dem Umbau um 1940, als es zu einem Einfamilienhaus umgestaltet wurde.
Doch der jahrelange Leerstand hatte seine Spuren hinterlassen, und die Restaurierung durch die Stiftung Ferien im Baudenkmal dauerte fünf Jahre. Die von der Stiftung in Auftrag gegebenen und vom Bieler Büro 0815 / sim Architekten ausgeführten Instandsetzungsarbeiten, die im Sommer 2020 abgeschlossen wurden, verfolgten ein klares Ziel: das Taunerhaus wieder seiner ursprünglichen Form anzunähern. Ein besonderes Augenmerk lag dabei auf der Nordwestfassade, die nun wieder in ihrer Fachwerkform erstrahlt und so den Charme vergangener Zeiten zurückbringt. Die Restaurierung ermöglicht es den Gästen, das Haus wie früher mit Kachelöfen zu beheizen und gleichzeitig die historische Bausubstanz zu bewahren. Die Nasszellen und die Kücheneinrichtung wurden geschickt in der Tenne untergebracht, um die Integrität des Gebäudes zu erhalten. Das Ergebnis ist eine reizvolle Symbiose aus Alt und Neu, in der die Geschichte des Taunerhauses in harmonischem Einklang mit modernem Komfort steht. Dieses gelungene Zusammenspiel von Geschichte und zeitgenössischem Design wird durch das schlichte und elegante Einrichtungskonzept der Zürcher Agentur Selected Interiors gekonnt in Szene gesetzt. So können die Gäste nicht nur die historische Architektur geniessen, sondern auch das stilvolle Ambiente, das die Vergangenheit und die Gegenwart miteinander verbindet.
Heute bietet das Taunerhaus grosszügigen Raum für bis zu fünf Feriengäste und bezaubert mit einem Mix aus altmodischem Charme und modernem Komfort. Die Laube, die einen Blick auf die mittelalterliche Kirche bietet, und die Sitzplätze vor dem Haus laden zum Verweilen ein. Das Taunerhaus und die anderen Häuser von Ferien im Baudenkmal sind nicht nur Zeugen der Vergangenheit, sondern auch Botschafter einer nachhaltigen Zukunft, in der Geschichte und Kultur in lebendiger Erinnerung bleiben.
©Gataric Fotografie
Die Vergangenheit bewohnen: Vom historischen Palazzo bis zur trendigen Bauhaus-Wohnung, von urchig bis pompös, von ländlich bis urban.
Text: Christian Greder