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Radikal aufstocken

Im Basler St. Johann-Quartier haben Atelier Atlas Architektur ein bestehendes Mehrfamilienhaus aus der Gründerzeit aufgestockt – sozial und ökologisch nachhaltig. Dabei konnte die wertvolle Bausubstanz und preisgünstiger Wohnraum erhalten und eine neue Familienwohnung geschaffen werden.

Nachdichten
Bauen mit dem Bestand ist das ökologische Gebot der Stunde. Innere Verdichtung heisst dabei das Zauberwort. An der Wasserstrasse im Basler St. Johann-Quartier haben Atelier Atlas Architektur mit einem radikalen Konzept ein bestehendes Mehrfamilienhaus aus der Gründerzeit aufgestockt. Dabei konnte die wertvolle Bausubstanz und preisgünstiger Wohnraum erhalten und eine neue Familienwohnung geschaffen werden. Das architektonische Konzept des Holzbaus funktioniert als konsequente Weiterentwicklung und Überformung der bestehenden Qualitäten.

Überdacht
Von der Wasserstrasse ist die Aufstockung als neues Dach lesbar. Die bestehende Traufe bleibt erhalten und integriert den Neubau so ins Ensemble der typengleichen Nachbarbauten aus der Gründerzeit. Das Attikageschoss mit acht stehenden Fenstern fungiert als Vermittler zum darüberliegenden, hohen Steildach, das sicher über zwei Geschoss erstreckt. Die Materialisierung als Metallfalzdach sucht die klare Abgrenzung zu den Ziegeldächern der Nachbarschaft und referenziert den industriellen Kontext des dahinterliegenden Fernheizkraftwerks. Die Öffnungen sind struktureller Natur: Die acht Dachfenster bilden die Lage der Sparren ab. Eine opake Dachluke öffnet den Dachraum punktuell.

Weiterbauen
Die Typologie der Aufstockung entwickelt sich aus dem Kammergrundriss des Bestandes heraus. Am Ende der bestehenden Treppe ist die Halle der räumliche Auftakt zur Maisonettewohnung. Von hier werden alle Räume des punktsymmetrischen Grundrisses erschlossen. In den vier Gebäudeecken befindet sich jeweils ein Schlafzimmer. Dazwischen eingespannt sind die Treppen, das Bad und die Garderobe. Die leichte geometrische Ausweitung der Halle schafft eine klare räumliche Mitte. In den weiteren Geschossen löst sich die Struktur zunehmend auf: Im zweiten Dachgeschoss sorgen das Bad, eine Stütze, sowie die Küchenmöbel für die räumliche Gliederung, wohingegen der abschliessende Dachraum komplett stützenfrei ist. Um die Erbebensicherheit zu gewährleisten werden sämtliche Lasten über Träger und Wandscheiben auf die beiden Brandmauern abgeleitet. Im Untergeschoss übernehmen die zusätzlich verstärkten, linearen Fundamente die Lasten.

Nachhaltigkeit
Bei der Materialisierung liegt das Augenmerk auf langlebigen, robusten und naturnahen Materialien. Der Holzbau bleibt im Innenraum spür- und erfahrbar. Wände und Decken sind mit Massivholzplatten aus Tanne belegt, wobei die Wandflächen geseift wurden. Der mineralische Bodenbelag, ein geschliffener Anhydrit, kontrastiert die Holzflächen in einem warmen Grauton. Die Innentüren verbinden Alt und Neu: Da aufgrund der erhöhten Brandschutzanforderungen im Bestand die Wohnungstüren ersetzt werden mussten, konnten diese wertvollen Schreinerarbeiten im Neubau wiederverwendet werden. Das Holzwerk ist in einer grauen Ölfarbe gestrichen.

Mehr Raum
Als nutzungsoffener Bonusraum und thermischer Klimapuffer funktioniert der unbeheizte Dachraum. Er kann als raumhaltige Hinterlüftung verstanden werden, ganz im Geiste der gründerzeitlichen Dachstühle. Hier wird die Holzstruktur zelebriert: Auf einer kräftigen, zentralen Firstpfette liegen die Sparren. Das „X“ der Erdbebenaussteifung markiert den Übergang zur Terrasse. Der Raum ist ein Experiment. Wie er genutzt wird, ist offen, kann sich ändern und adaptieren. Es ist ein Statement für eine Architektur der Nutzungsoffenheit.

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