Nach rund zweijähriger Bauzeit wurde im September 2021 das Multifunctional Workspace Building auf dem Campus der Roche Pharma AG im südbadischen Grenzach-Wyhlen offiziell eröffnet. Christ & Gantenbein haben ein flexibles und zukunftsweisendes Bürogebäude erstellt, das zum Entwickeln von neuen Arbeitsformen einlädt und durch seine einfache, aber klare Konstruktion besticht.
Auf dem Campus der Roche Pharma AG im baden-württembergischen Grenzach-Wyhlen, nahe der Schweizer Grenze, haben die Basler Architekten Christ & Gantenbein bereits 2011 ein Büro- und ein Technikgebäude realisiert. Mit dem Multifunctional Workspace Building FRITZ, dessen Name sich auf den Firmengründer Fritz Hoffmann-La Roche bezieht, wird das bestehende Raster des Campus fortgesetzt. Gemeinsam mit den neuen Plätzen und Aussenräumen um den Neubau wird der Campus erweitert und ein neues, teils öffentlich zugängliches Zentrum geschaffen. Doch vor allem ist ein ausserordentlicher Arbeitsort entstanden, der neue Formen der Zusammenarbeit und des Austauschs ermöglicht und fördert.
Die Grundidee des Projekts ist klar und einfach formuliert: in den grosszügigen und nicht-hierarchischen Räumen können sich die Mitarbeiter:innen ihren Arbeitsplatz frei einteilen und auch nach Bedarf ändern. Dadurch, dass die Erschliessungskerne an den Ecken des fünfgeschossigen Gebäudes platziert und die Kassettendecken in Querrichtung vorgespannt wurden, konnten die Räume komplett stützenfrei ausgeführt werden. So ergibt sich eine maximale Freiheit aller oberirdischen Geschosse und eine hohe Variabilität und Flexibilität in der Gestaltung des gesamten Gebäudes mit vielfältigen visuellen Beziehungen, einem hohen Anteil an Tageslicht, Transparenz und räumlicher Grosszügigkeit.
Die flexiblen Grundrisse bilden damit die Grundlage für eine „Work to Meeting”-Umgebung und fördern neue Formen der Zusammenarbeit. Zugleich laden das offene Design, die lichtdurchfluteten Stockwerke und der stützenfreie Raum dazu ein, sich frei durch den Raum zu bewegen, sich auszutauschen und eine entspannte Arbeitsatmosphäre zu schaffen. Alle Geschosse sind über die Erschliessungskerne in den Ecken des Gebäudes verbunden. Die Lage der vier Treppenhäuser ermöglicht Ausblicke auf die umliegenden Hügel, den Nachbarort sowie auf den Campus in Grenzach-Wyhlen und stellen den Bezug zum industriellen Erbe von Roche her. Zwischen den zwei Arbeitsplatzgeschossen und der öffentlich zugänglichen Eingangshalle im Erdgeschoss schwebt das doppelgeschossige Forum. Auch dieses dreifach teilbare Auditorium ist äusserst flexibel gestaltet, denn die Wände des bis zu 550 Sitzplätzen ausgestatteten Forums sind demontierbar.
Grosse Flexibilität im Innern
Für die flexibel einteilbaren Grundrisse hat das Basler Designbüro INCHfurniture, basierend auf einem gemeinsam mit Christ & Gantenbein und Roche entwickelten Konzept, modulare und teils bewegliche Möbel und massge- schneiderte Raumelemente entworfen und realisiert. Das Design ermöglicht hybride Arbeitsweisen und erlaubt neue Arbeitsformen zu entwickeln, aber auch, sich für Meetings oder für konzentrierte Individualarbeit zurück- zuziehen. Das funktionale Design schafft die Plattform für einen direkten, authentischen und nicht nur digitalen Austausch. Die Grundlage dafür bildet die Architektur von Christ & Gantenbein und die Idee des sogenannten Activity-based working, das maximale Freiheit in der Projektorganisation, Planung und Umsetzung unterstützt und den Beschäftigten die Möglichkeit bietet, den für die jeweilige Tätigkeit optimalen Arbeitsplatz flexibel zu wählen.
Nach aussen repräsentiert die Fassadenkomposition eine Art “industriellen Palazzo”. Das Fassadensystem aus Aluminiumpaneelen, Pfosten, Riegeln und Fensterflächen bezieht sich hierbei auf den industriellen Hinter-grund des Standorts. Und die Wahl der hochwertigen und nüchternen Materialpalette ist in der architektonischen und kulturellen Tradition des Unternehmens verankert. Der streng axial gegliederte 23 Meter hohe Kubus spiegelt aber auch das rationale Vokabular der Architektur von Christ & Gantenbein wider. Damit formuliert es den Wandel vom produzierenden Industriestandort hin zu einer auf den Menschen fokussierenden Umgebung, die Austausch und Teamarbeit fördert. Gleichzeitig machen die vertikalen, sich kreuzenden Aussteifungselemente das spezifische statische Konzept des Gebäudes fassbar und dienen auch der Erdbebensicherheit.
Das Multifunctional Workspace Building erfüllt die strengen Anforderungen an die Energieeffizienz und Nachhaltigkeit von Roche, und es stehen Aspekte wie Langlebigkeit und eine ressourcenschonende Herstellung im Vordergrund. Die Aufgabe, nachhaltig zu bauen, sehen die Architekten nicht alleine in einer ökologisch bewussten Herangehensweise in der Bauform, dem Bauablauf oder der Herstellung der Baumaterialien erfüllt.
Die entscheidende Qualität des Neubaus ist die zukunftsorientierte Bauweise, die sich an die sich verändernden Bedingungen und Anforderungen anpassen oder noch zu entdeckende Formen der Zusammenarbeit problemlos in den Entwurf integrieren kann. Das multifunktionale Bürogebäude bietet eine Alternative zur klassischen Büroarbeit wie auch zum Homeoffice an: Es bringt Menschen in einer flexiblen und vor allem hybriden Arbeitswelt zusammen und verkörpert hierarchiefrei und durch volle Transparenz und volle Flexibilität die architektonische Übersetzung des kulturellen Wandels der „New Ways of Working”.
© Walter Mair