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Im Gespräch mit Scheibler & Villard

„Geduld, Empathie, Ausdauer und Optimismus.“ (Scheibler & Villard) – In unserem Format Vis-à-Vis sprechen Schweizer Architektinnen und Architekten über die verschiedenen Gesichtspunkte ihres Berufs und beantworten Fragen zu ihrer Idee von Schönheit und der Rolle, die sie in der Gesellschaft einnehmen.

Welche Aufgaben beschäftigen Sie gerade?
Zurzeit schliessen wir die letzte Etappe des Umbaus der Bestandesgebäude vom Taubblindenheim Tanne in Langnau am Albis ab. In Basel führen wir momentan 3 Bausteine im Projekt Westfeld aus. Das beinhaltet einen Wohnungsbau mit ca. 77 Einheiten und 2 unterschiedlichen Gewerbehäusern. Dieses Projekt bearbeiten wir in Zusammenarbeit mit Baumann Lukas Architekten. Weiter beschäftigen uns verschiedene kleinere und mittlere Umbauprojekte wie zum Beispiel ein Geschäftshaus mit historisch schutzwürdiger Substanz in Basel und ein prägnantes Einfamilienhaus in Sichtbeton aus den 1960er/70er-Jahren in der Region. Wir engagieren uns im Bereich von Ortsplanungen und Quartierplanungen für einen kulturell nachhaltigen Umgang mit bestehender Substanz, und es ist uns wichtig, dass wir parallel zu den laufenden Projekten auch immer Platz für Wettbewerbe haben. Ausserdem beschäftigt uns der Unterricht an der BFH in Burgdorf und die Arbeit in verschiedenen Kommissionen und Jurys.

Welches architektonische Werk hat Sie kürzlich begeistert?
Meistens sind wir begeistert von Werken, die wir beim Reisen entdecken. In jüngerer Vergangenheit sind wir jedoch nicht besonders viel gereist, darum erinnern wir uns gerne und oft an unsere letzte grosse Reise, welche uns durch Indien führte. Generell könnte man sagen, dass uns die unerreichbare architektonische Qualität von einfachen Nutzbauten, wie wir sie in unserer heimischen Baukultur antreffen, oft fasziniert. Es sind aber auch die imposanten und majestätischen Bauten, wie wir sie in Indien betrachten durften, die uns den Atem raubten. Beide Arten von Bauwerken wecken Sehnsüchte in uns und laden zum Träumen ein.

Inwiefern unterstützen oder behindern neuartige Materialien die Architektursprache?
Das Material an sich unterstützt eine Architektursprache immer – sofern es richtig eingesetzt wird. Man wählt also entweder die Materialien aufgrund einer beabsichtigten Sprache oder die Sprache aufgrund des zur Verfügung stehenden Materials. Möglichkeiten unterstützen immer – Normen, Gesetze und Ängste behindern dagegen eher.

Haben Sie eine Idee von Schönheit?
Wenn etwas eine Selbstverständlichkeit hat, harmonisch wirkt, positiv anregend ist, nicht zu offensichtlich, vielleicht manchmal geheimnisvoll ist, können wir es als schön empfinden – gleichzeitig kann auch etwas Auffälliges und Lautes schön sein. Schönheit ist ungreifbar und sehr individuell. Jeder trägt seine eigene Idee von Schönheit in sich, verbunden mit persönlichen Sehnsüchten, Erfahrungen, Erinnerungen und der Konnotation.

Wann wird ein Gebäude zu Architektur?
Wenn ein Gebäude nicht einfach gebaut ist, sondern auf die eine oder andere Weise eine sorgsame Auseinandersetzung mit dem gebauten Raum, der Baukultur, dem Kontext, der Nutzung und der Konstruktion stattgefunden hat. 

Welche Tugenden sollte ein Architekt / eine Architektin erfüllen?
Geduld, Empathie, Ausdauer und Optimismus. Potenziale müssen gesucht und erkannt werden und es muss daraus etwas erschaffen werden. Das bedeutet nicht selten, dass man einen Spagat zwischen konzeptionellen Gedanken und der alltäglichen Realität machen muss. Wir müssen einen anspruchsvollen Tanz zwischen Anforderungen, Bedürfnissen, Kosten, Gesetzen und Erwartungen aufführen. Dabei ist auch oft Konfliktfähigkeit gefragt, und wir stehen immer wieder an der Position der Vermittler.

Welche Rolle spielt der Architekt / die Architektin in der Gesellschaft?
Die Frage impliziert, dass „der Architekt/die Architektin“ eine besondere Rolle einnimmt. Wir sind der Meinung, dass Architektinnen und Architekten innerhalb der Gesellschaft die-selbe Rolle spielen wie alle andern auch. Ob man eine mehr oder eine weniger wichtige Rolle spielt, ist keine Frage der Profession. Architektinnen und Architekten sind beteiligt an der gebauten Welt und Landschaft und können mit ihrer Arbeit teilweise Einfluss auf die Gestaltung und den Umgang damit nehmen. Solche Möglichkeiten sollten dann behutsam und mit Verantwortungsbewusstsein wahrgenommen werden. 

Welche Rolle sollte heute die Politik gegenüber der Architektur spielen?
Die gleiche Rolle wie gegenüber der Gesellschaft. Die Politik sollte im Interesse einer nachhaltigen Entwicklung agieren. Im Sinne einer kulturellen Nachhaltigkeit muss die architektonische Qualität im Vordergrund stehen, und darum müssten viel mehr Wettbewerbsverfahren gefordert werden. Das gilt insbesondere für grosse Entwicklungsgebiete, bei denen leider oft andere Vergabekriterien im Vordergrund stehen.

Kann Architektur die Welt verbessern?
Ja, natürlich!

Weitere Informationen zu dem Büro finden Sie hier.

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