Nachhaltigkeit, Ökologie und ökonomisches Denken – diese Grundsätze sind nicht nur tief in der Philosophie des Gartenbedarfshändlers Hortima verwurzelt, sondern waren zudem die formgebenden Motivationen deren neuen Lagerhalle. Gemäss dieser Leitsätze haben Fischer Architekten im Gewerbegebiet von Hausen bei Brugg ein markantes Zweckgebäude realisiert, das traditionelle Bauweisen und moderne Fertigungsmethoden mit zukunftsweisendem Denken verbindet – und haben somit einen Bau geschaffen, der durch und durch die Philosophie des Unternehmens widerspiegelt.
Über die Jahre ist das Unternehmen Hortima kontinuierlich gewachsen und demzufolge an seine räumlichen Kapazitäten gestossen. Angesichts dieser Platznot mussten neue Firmenräumlichkeiten geschaffen werden: Hierfür wurde der Neubau eines Rücklagers als Direktauftrag vom Bauherrn Tumasch Meiler – Geschäftsleiter bei Hortima – an das bekannte Zürcher Architekturbüro vergeben. Auf einer firmeneigenen Parzelle im westlichen Teil des Dorfs Hausen, angrenzend an den tief eingeschnittenen Autobahnzubringer und parallel zu der öffentlichen Bünthefelderstrasse velaufend, sollte die zusätzliche Lagerfläche bereitgestellt werden. Doch ein allseits bekannter, temporärer Wellblech-Industriebau stand von Anfang an nicht zur Debatte, so entstand in enger Zusammenarbeit ein durchdachtes, anspruchsvolles Industriegebäude: Angelehnt an die Architektursprache der bereits bestehenden Zweckbauten hat das renommierte Zürcher Büro Fischer Architekten eine neue Landmarke geschaffen, die sowohl deren Definition von gutem Design als auch die Philosophie des Bauherren verkörpert. Geprägt von der internen Firmenpolitik und deren Ansprüchen an Nachhaltigkeit, Ökonomie, Ökologie entstand die neugebaute Lagerhalle in Holzbauweise, die zum einen dem Namen der kreuzenden Holzgasse alle Ehre macht und zum anderen das Ensemble des Gartenbedarfshändlers Hortima im Hausener Industriegebiet komplementiert.
Ähnlichkeiten
Der Neubau gliedert sich parallel zur öffentlichen Büntefeldstrasse zwischen zwei Wohnhäuser ein und eröffnet dabei mit den gegenüberliegenden Firmengebäuden eine hofähnliche Situation. Formal orientiert sich die neue Halle an den beiden bereits bestehenden Lagerhallen, die ebenfalls als Holzbauten mit flach geneigten Satteldächern umgesetzt wurden. Die Mischnutzung des kleinen Gewerbegebiets, das Wohn- als auch Industriebauten beherbergt, greifen die Architekten in der inneren Struktur sowie der Nutzung des neuen Gebäudes auf: Das Konzept des gemischten Raumprogramms sieht demnach im südlichen Gebäudeteil Büro- und Arbeitsräume vor, die dem wachsenden Unternehmen zudem zusätzlichen Raum für das Personal bieten und dabei den Vorgaben der Gemeinde hinsichtlich der Nutzung gerecht werden.
Blickfang
Besonders auffällig ist die geschuppte, helle Douglasie-Holzfassade, die gemeinsam mit der eigenwilligen Geometrie die Blicke der Passanten auf sich zieht. Dahinter verbirgt sich jedoch mehr als eine reine gestalterische Absicht: Mit den nach aussen gekehrten Dreigelenkrahmen über die ganze Länge konnten die Planer das stereotypische Bild grosszügiger, stützenfreier Innenräume mit aneinandergereihten Hochregalen umsetzen. Gleichzeitig lässt diese nach oben hin überkragende Gebäudeform eine Art Vordach entstehen, das gesetzlich möglich war und somit die Fassade selbst gegen Witterungseinflüsse schützt. Ausschliesslich über der Halleneinfahrt wurde ein zusätzliches Vordach vorgesehen, das sich in sichtbaren verzinkten Metallelementen zeigt. So trifft in diesem Bauprojekt Design – also formgerechte sowie funktionale Gestaltgebung – auf Ökonomie. Gleichzeitig ermöglichte die schuppenartige Fassadengestaltung, die das gesamte Gebäude einhüllt, die Verwendung standardisierter Holzplatten, die in ihrer Höhe halbiert wurden. Der ehrliche Umgang der Architekten mit den Baumaterialien sowie deren Wunsch nach einfachen Lösungsansätzen zeigt sich somit im gesamten Projekt: In der weiteren Verarbeitung wurden die Holzbauteile bewusst roh belassen, mit Beton und verzinkten, sichtbaren Stahlelementen ergänzt und im nördlichen Gebäudeteil, dem Bereich der Lagerhalle, auf Dämmung verzichtet.
Rückgrat
Der Leichtbau mit der überhängenden Fassade und dem leicht geneigten Satteldach wurde komplett in Holz ausgeführt: Im interdisziplinären Austausch mit der Holzbaufirma Blumer Lehmann wurden die mehrschichtigen Holzbinder im Rastermass von 2,5 m – gemäss handelsüblicher Fassadenplatten – in ihrer Dimension optimiert und mithilfe von digitalen Fertigungsmethoden hergestellt. So entstanden relativ schmale Holzträger mit geschlossenen Flächen, wodurch die Aussteifung der Tragwerkskonstruktion garantiert ist. Gleichzeitig wird das Tragwerk durch das Dach stabilisiert, das überdies von einer Dreischichtplatte auf der Pfette über die gesamte Länge von 45 m ausgesteift wird. Der Betonsockel der Lagerhalle ist dabei als Untergurt der gesamten Tragkonstruktion zu verstehen. Die vorfabrizierten Dreieckbinder ermöglichten nicht nur eine präzise Konstruktion, sondern erlaubten vielmehr auch eine rasche Errichtung des Neubaus und verleihen dank ihrer Dominanz im Innenraum diesem einen unverkennbaren Charakter.
Einblicke
Die Liebe zum funktionalen Design findet sich auch innerhalb der vier Wände wieder und verleiht der Lagerhalle eine einmalige Raumwirkung. Die Schuppung der Stülpfassade kombiniert mit der nach aussen überhängenden Geometrie lässt einen fingerbreiten Spalt zwischen den Fassadenplatten entstehen: In dem somit offenen Raum ist keine weitere Lüftung notwendig und kann sich selbst auf natürliche Weise regulieren. Gleichzeitig schafften die Architekten mit dieser Lösung ein weiteres Gestaltungselement, das sich insbesondere im Dunklen offenbart. Wenn des Nachts Licht in der ansonsten fensterlosen Lagerhalle brennt, fällt durch die umlaufenden Spalten dezentes Licht und lässt die Halle beinahe erstrahlen – jedoch schmal genug, um das Eindringen von Vögeln und das Nisten dieser zu verhindern. Eine einfache, simple und dennoch smarte Lösung auf gleich mehreren Planungsebenen.
Arbeitsraum
Im südlichen Gebäudeteil verteilen sich über drei Ebenen die neuen Büroräumlichkeiten von Hortima: Während im Erdgeschoss ein Sitzungszimmer vorgesehen ist, findet im ersten Obergeschoss ein offenes Büro und im Dachgeschoss ein heimeliger Aufenthaltsraum mit einem farbigen Küchenblock Platz. Im Gegensatz zu der ungedämmten Lagerhalle wurde der bewohnte Teil als „Haus im Haus“ konstruiert. Die Dämmung wurde innenseitig als Sandwich-Element zwischen dem Ober- und Untergurt der Dreigelenksbinder angebracht und das besondere Tragwerk dabei verdeckt. Dem Aspekt der Materialehrlichkeit blieben die Planer von Fischer Architekten dennoch treu: Für die Innenverkleidung der Räume griffen sie auf rohe OSB-Platten zurück, planten Massivholzdecken mit sichtbarer Leitungsführung ein und setzen mit den schwarzen Fenster- und Türrahmen starke Kontraste. Mehr Flexibilität in der Raumnutzung gewährleisten die bereits mitgedachte mobile Wand im Sitzungszimmer und die Möglichkeit dieser ebenso im offenen Büro. Hier sorgen gestanzte Filzpaneele für eine angenehme Raumakustik, strukturieren den freien Grundriss und bildet gleichzeitig privatere Arbeitseinheiten aus.
Lichtblicke
Genügend Tageslicht in den Arbeitsräumen erlauben die raumhohen Fenster im Parterre sowie dem darüberliegende Stockwerk. Als Sonnenschutz wurden mechanische Schiebeläden mit vertikalen Lamellen angebracht, die gemäss der Fassade in rohem Douglasieholz und verzinkten Metallelementen Teil der Gesamtfassaden sind. Ein besonderes Detail sind die beiden kleineren, gegenüberliegenden Fenster an den Längsseiten des Büroraums. Diese geben einen bewusst gerichteten Ausblick auf die Zulieferung auf der anderen Strassenseite und binden so die Betriebsabläufe ein – dabei treffen die Unterkante der Fensterbank und die des Strassenbordsteins aufeinander.
Richtungsweisend
Doch nicht nur in der Errichtung, der Konstruktion und den kleinen Details, sondern vielmehr auch in der Erhaltung sowie Unterhaltung des Gebäudes wurde das neue Rücklager durchdacht und nachhaltig gestaltet. Für den Bau wurde heimisches Holz verwendet, das durch die Art der Konstruktion im Falle einer Beschädigung einfach punktuell ausgetauscht werden kann – dieses grüne Denken in der Bauart erhöhte zudem die Akzeptanz eines weiteren Industriebaus in der Nachbarschaft. Darüber hinaus ist der komplette Neubau im Betrieb CO2 neutral und mit einer 800 m2 grossen Fotovoltaikanlage auf Dach ausgestattet. Die Paneele liegen wie die Fassadenschuppen am Dach, die wie grosse Ziegel fungieren, und versorgen das gesamte Unternehmensareal mit Strom. Zusätzlich trägt eine Luft-Wasser-Wärmepumpe für eine ressourcenschonende Wärmeversorgung des gesamten Neubaus.
Authentizität
Einfach schön und dabei schön einfach präsentiert sich das rundum durchdachte Neubauprojekt. Mit diesem markanten Holzbau hat das Unternehmen Hortima nicht ihre Firmenphilosophie greifbar gemacht oder seine Werte baulich verkörpert, sondern darüber hinaus ein authentisches Spiegelbild der Firmenpolitik geschaffen. Angefangen vom zentralen Rohstoff Holz bis hin zur Bedeutung der Nachhaltigkeit gibt die Lagerhalle in Hausen die Identität des Gartenbedarfshändlers wieder und regt gleichzeitig zum Neudenken industrieller Bauwerke an.