Im Zürcher Oberland sticht der neue Hauptsitz des Schweizer Elektrounternehmens Hustech Installations AG aus der breiten Masse des Industriegebiets hervor – markant und repräsentativ zugleich. Denn ganz im Sinne der innovativen Philosophie des Unternehmens haben Rüegg Architekten zusammen mit BGS + Partner Architekten, beide aus Rapperswil, einen Neubau umgesetzt, der vor allem gestalterisch schon von weitem auf sich aufmerksam macht. Demnach verkörpert die neue Firmenzentrale samt Werkhof neben dem selbstbewussten Design insbesondere den zukunftsweisenden und nachhaltigen Geist der Bauherrschaft sowie deren Streben nach einer angenehmen Arbeitsumgebung.
Markant, selbstbewusst und kompakt – so behauptet sich der Neubau als unverkennbare Landmarke im dunklen Kleid gleich neben den Geleisen im Industriegebiet Bubikons. Dabei präsentiert sich der hölzerne Solitär sowohl farblich als auch geometrisch in seiner ganz eigenen Architektursprache, die sich innen und aussen jeweils von einer ganz eigenen Seite zeigt und nicht minder konträr sein könnte. Gleichzeitig zeigt das Projekt auf, dass sich Nachhaltigkeit, Design und eine angenehme Arbeitsumgebung schon längst nicht mehr gegenseitig im Wege stehen und sich vielmehr zu einem stimmigen Gesamtbild vereinen lassen.
Für die Zukunft
Der Grundstein für das richtungsweisende Projekt wurde bereits Ende 2017 mit dem Grundstückskauf im Zürcher Oberland gelegt. Im Rahmen eines privaten eingeladenen Architekturwettbewerbs konnte sich das Architektenteam Rüegg Architeken und BGS + Partner Architekten gemeinsam gegen drei weitere Büros durchsetzen und Anfang Juni 2020 mit den Bauarbeiten des neuen Firmenhauptsitzes beginnen, der schliesslich Anfang September 2021 bezogen wurde. Im Fokus der Projektausschreibung „VIDIT“ standen dabei die Thematik der Nachhaltigkeit, der Wunsch nach einer qualitativ hochstehenden Arbeitsumgebung sowie die Option einer späteren Erweiterung auf der Parzelle. Aus diesen Motiven heraus entstand auf der frei liegenden Parzelle jener massiv wirkende Werkhof in Holzbauweise mit seinem charakteristischen Drei-Giebel-Sheddach. Gleichzeitig wurde für die Optimierung des Grundrisses im Entwurf bereits auf die Zusammenarbeit mit einem Bauökologen gesetzt: Mit dessen Expertise wurde die kompakte Gebäudeform erarbeitet, die eine spätere Erweiterung des Baukörpers vor allem in Richtung Osten gewährleistet und somit eine zukünftige Aufstockung – verbunden mit enormen Kosten hinsichtlich der Fassadenerweiterung – umgeht.
Eindruck machen
Schon aus der Ferne macht der dunkelbraune – eher schon schwarz anmutende – Holzmonolith inmitten des Bubikoner Industriegebiets auf sich aufmerksam. Dunkel lackiertes Fichtenholz kleidet als vorgehängte Fassade den Neubau ein und wird im Erdgeschoss von einem hellen Ortbetonsockel gesäumt. Da die Fenster- und Türrahmen sowie der Sonnenschutz Ton in Ton zur Gebäudehülle gewählt wurden, treten diese in den Hintergrund und lassen die Aussenhaut vermeintlich durchgängig erscheinen. Neben der auffallenden Farbgebung prägt jedoch die individuelle Silhouette des neuen Firmensitzes, der durch das spielerisch kombinierte Giebel-Sheddach seinen unverkennbaren Charakter erhält. So wird der Projektname „VIDIT“ in zweierlei Hinsicht ersichtlich: Einerseits bezieht sich der Begriff wortwörtlich auf das Sägezahndach, kann andererseits aber auch im gesägten Baustoff Holz wiedergefunden werden. Aufgebrochen wurde die scheinbar undurchlässige Gebäudehülle lediglich an den drei nach Norden gewandten Dachflächen, die als Glasdach ausgeführt wurden, um im Inneren eine natürliche Belichtung zu gewährleisten, während südseitig Solarpaneele das Giebeldach zieren.
Klare Struktur
Der Grundriss, die Proportionen sowie auch die Raumaufteilung des neuen Werkhofes sind dabei auf das tragende Stützenraster von 4 mal 5 m zurückzuführen. Durchgehende Holzstützen aus Baubuche treffen in diesem System haargenau auf die Betonsäulen und -wänden im Erdgeschoss und halten unter Dauerspannung das Gebäude aufrecht. Dank diesem Tragwerkskonzept konnten im Inneren die hellen Fichtenholzwände äusserst flexibel eingezogen und Raumgliederungen geschaffen werden – wobei Erweiterungen und Veränderungen hierbei stets möglich sind. Einen weiteren Vorteil lieferte die Vorfertigung des gesamten dreistöckigen Holzaufbaus, der eine rasche Aufrichtung des Neubaus erlaubte. Millimetergenau wurden hierfür bereits in den Produktionshallen alle Ausfälzungen für Installationen sowie etwaige Anschlüsse berücksichtigt und auf den bereits betonierten Sockel Rücksicht genommen. Selbst der Liftschacht wurde in diesem Projekt komplett aus Holzelementen realisiert und geschossweise mit dem Bauwerk in die Höhe gezogen. Innerhalb dieses Prozesses konnten zum Beispiel die vorgefertigten Treppen – gleichzeitig eingesetzt mit den tragenden Balken – als Bautreppen verwendet werden und somit in den Bauarbeiten unterstützend integriert werden.
Flexible Struktur
Bespielt werden die flexiblen Geschosse dabei von einem diversen Raumprogramm, das gemäss der Ansprüche sich im Laufe der Zeit an Veränderungen und wandelnde Situationen anpassen kann. Aus logistischen Gründen ist im Erdgeschoss die Werkstatt samt Lager untergebracht sowie gegen Süden gerichtet ein Pausenraum mit Personalküche und einem vorgelagerten erdgeschossigen Sitzplatz zu finden. Das Konzept wurde auch hier mit rohen Werkstoffen fortgeführt, die Wände demnach in Sichtbeton ausgeführt, versiegelter Hartbeton als Bodenbelag gewählt und die Gebäudetechnik ebenfalls sichtbar belassen. Runde Filzpaneele an den Decken sorgen im Aufenthaltsraum nicht nur für eine optimale Raumakustik, sondern dienen auch als dekorative Elemente. Heizkonvektoren, die gleichzeitig als Sitzgelegenheit dienen, sorgen in den kalten Monaten für wohlige Temperaturen, während sie im Sommer als Kühlung genutzt werden und eine zusätzliche Klimaanlage als Energiefresser ersetzen. Für frische Luft und gegen etwaige Essensgerüche sorgen im Pausenraum Verbundlüfter, die in die Wand integriert sind und so die Raumluft mit der Frischluft aus den Korridoren austauschen. Als nette Geste und liebevolles Detail hinsichtlich des Teamgeists repräsentiert jede Glühbirne im Personalraum einen Mitarbeiter des Standorts, die in ihrer Gesamtheit diesen zum Strahlen bringen. In den beiden obersten Geschossen beherbergt der Holzbau Zweierbüros für technisches und kaufmännisches Personal, eine Lehrlingswerkstatt sowie Aus- und Weiterbildungsräume, die dank der gläsernen Innenwände offen und lichtdurchflutet erscheinen. Im ersten Geschoss nimmt der Neubau die Garderoben samt Nasszellen für die Monteure auf, und dort werden Kunden sowie Besucher am Empfang sowie an der kleinen Cafétheke begrüsst.
Kraftplatz
Doch neben der überaus ruhigen und angenehmen Arbeitsumgebung besticht der Neubau zudem durch seine moderne und zweckmässige Haustechnik. Je nach Bedarf lässt das Konzept eine energieeffiziente Heizung und Kühlung zu, sodass mit einem möglichst geringen Energieverbrauch das bestmögliche Raumklima gewährleistet werden kann. Neben dem tiefen Energieverbrauch tragen noch weitere Massnahmen dazu bei, den Fussabdruck des Gebäudes minimal zu halten: Ein hoher Anteil an erneuerbaren Energien, erzeugt durch die PV-Anlage am Dach, fliesst in die Wärme- und Stromversorgung ein, und durch eine ausgeklügelte Heizungssteuerung wird über eine Wärmepumpe das Gebäude vollständig mit Wärmeenergie versorgt. Darüber hinaus wurde im gesamten Gebäude auf eine energieeffiziente und langlebige LED-Beleuchtung gesetzt und eine E-Mobility-Ladeinfrastruktur für Mitarbeitende sowie Dritte mitgeplant. Demnach stehen sechs Ladestationen und eine Schnellladestation für Elektroautos in der Tiefgarage und auf den Aussenparkplätzen zur Verfügung.
Nachhaltig und fair
Denn ein klares Ziel bei der Umsetzung der neuen Firmenzentrale war es, als gutes Vorbild zeitgemässes Bauen ausserhalb des Wohnbaus aufzuzeigen. Das Projekt „VIDIT“ zeigt auf, dass sich moderne Konstruktionsmethoden, gutes Design und respektvoller Umgang – mit Ressourcen, Mitarbeitenden oder auch innerhalb des Planungsteams – nicht gegenseitig ausspielen. Somit präsentiert das neue Bürogebäude samt Werkhof letztlich einen zukunftsweisenden, nachhaltigen Bau mit einem gesunden Fussabdruck und einer angenehmen Arbeitsumgebung – auch wenn man hier auf den ersten Blick vor allem (die Farbe) Schwarz sieht.
Weitere Informationen zu dem Büro finden Sie hier.