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Bienenstock

Ein Haus für die Bienen hat der Luganer Architekt Enrico Sassi in Coldrerio geschaffen, in dem neben der Honiggewinnung auch die Bienenzucht im Fokus steht. Funktional, einfach und fast ganz in Holz gliedert sich der neue Lehrbienenstand des Tessiner Imkerverbands in das weitläufige Areal des Ausbildungszentrums „Mezzana Cantonal Agricultural Farm – Professional Green Centre“ ein.

Ob das Honigbrot zum Frühstück oder auch der Löffel Honig im Tee – das flüssige Gold der Bienen versüsst uns nur all zu oft den Tag. Dennoch stören wir uns nicht zu selten an der Anwesenheit des summenden Insekts und fürchten uns davor gestochen zu werden. Auch wenn die Geschichte von den Bienchen und Blümchen wohl einem jeden bekannt ist, vergessen wir deren beträchtlichen Einfluss auf unser Leben scheinbar nur zu gerne. Doch schon 1949 soll Albert Einstein die Bedeutung von Honigienen und Wildbienen für unser Ökosystem besonders treffend unterstrichen haben: „Wenn die Bienen verschwinden, hat der Mensch nur noch vier Jahre zu leben; keine Bienen mehr, keine Pflanzen, keine Tiere, keine Menschen mehr.“ Denn ohne die Bestäubungsarbeit durch die Bienen können Pflanzen ihre Pollen nicht mehr verbreiten und sich somit nicht vermehren – ein Vorgang, der fast 80 Prozent aller Nutz- und Wildpflanzen betrifft. Demnach ist heutzutage die Honigbiene heute – nach  Rind und Schwein – das drittwichtigste Nutztier.

Programm
Dem Geschäft mit der Biene haben sich im Kanton Tessin rund 500 aktive Imker und Imkerinnen der Biene verschrieben, die sich im Imkerverband Federazione Ticinese Apicoltori (FTA) zusammengeschlossen haben. Dabei kümmern sie sich nicht nur um die Produktion und den Verkauf von Honig sondern setzen sich zudem für die Ausbildung von Imkern ein. Du diesem Zweck wurde ein sogenannter Lehrbienenstand gewünscht, in welchem von der Handhabung der Bienenstöcke bis hin zur Honiggewinnung Theorie und vor allem auch Praxis vermittelt werden kann. Raum hierfür bietet neuerdings das „Bee House“ von Enrico Sassi, das innerhalb des Ausbildungszentrums „Mezzana Cantonal Agricultural Farm – Professional Green Centre“ in Coldrerio realisiert wurde. So erweitert die Imkerei das breite Kursangebot der Mezzana Kantonal Agricultural Farm, die seit 1915 Ausbildungen für landwirtschaftliche Berufe sowie auch für die Forstwirtschaft, die Blumenzucht und den Gartenbau anbietet.

Formalitäten
Auf dem grosszügigen landwirtschaftliche Areal, das sich südseitig an der Kantonsstrasse zwischen Mendrisio und Chiasso erstreckt, hat der Luganer Architekt das „Bee House“ oder „Casa dell’Ape“ – wie es im italienischen heisst – in eingebettet. Mit einer klaren und stringent linearen Architektursprache hat er einen hölzernen Pavillon geschaffen, der sowohl den Aussenraum mit dem Innenraum in Bezug setzt als auch Raum für Theorie und Praxis bietet. So finden in dem kompakten Bau, ein Klassenzimmer sowie ein ein Labor zur Honiggewinnung ihren Platz.

Im Zentrum
Den Kern des Baus bildet ein rechteckiges Volumen im Verhältnis 2:1, das an den beiden kürzeren Gebäudeseiten mit gläsernen Aussenwänden begrenzt wird. Die beiden Längsseiten werden hingegen von einer vorgehängten Fassade aus gelben Baustellenplatte ausgebildet. Dabei gewährleisten die transparenten Aussenwände sowohl einen hohen Tageslichtanteil in den Innenräumen als auch einen fliessenden Übergang zwischen dem Innen- und Aussenraum. Zudem erlauben die deckenhohen Fenster im Lehrraum, bei der Handhabung der Bienenstöcke assistieren und das Erlernte in der Praxis umsetzen zu können. 

Strukturen
Eingebettet ist das hölzerne Gebäude in ein simples Stützenraster von 12 auf 6 Pfeilern, die in jeweils einem Abstand von 130 cm angeordnet sind. Auf den vorgefertigten Tannenholzstützen mit einem Querschnitt von 14 mal 14 cm liegen insgesamt 13 laminierte Balken – ebenfalls aus Tannenholz – bilden im Ganzen das tragende Gerüst des Neubaus. Auch die Querträger, mit den Massen von 794 x 39 x 14 cm, wurden in der örtlichen Sägerei hergestellt und genauso wie die restlichen Strukturelemente gebrannt und gebürstet. Darauf begrenzt das zu allen Seiten übertragende Flachdach den Holzbau und bildet mit den äussersten Säulenreihen einen umlaufenden, überdachten Laubengang aus – wodurch der fliessende Übergang zwischen Innen und Aussen verstärkt wird.

Geerdet
Einen Kontrast zu dem hölzernen Aufbau stellt das Fundament aus abgeschliffenen Stahlbeton dar, wodurch dessen Zusatzstoffe bewusst sichtbar werden. Über drei, umlaufende Stufen gelangt man auf die 50 cm erhöhte Plattform, die sich aus dem abfallenden Gelände erhebt. Über jeweils eine Eisenplatte sind die Holzpfeiler mit dem betonierten Sockel verbunden, die mit der Zeit zu rosten beginnen wird und damit zugleich ein ästhetisches Detail darstellt. Dadurch das alle Elemente der Tragstruktur eigenständig funktionieren und autonom in dem System funktionieren, können einzelne Elemente jederzeit ersetzt werden ohne das grössere Eingriffe vornehmen zu müssen.

Weitere Informationen zu dem Architekten und dem Projekt finden Sie hier.

©Marcelo Villada

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