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Altes neu interpretiert

Inmitten von Wiesen, Weiden und Obstbäumen liegt das Haus in Seen am Hang mit Blick auf Winterthur und die weite Landschaft. Freistehend in der Landwirtschaftszone am südwestlichen Ortsrand grenzt es an einen historischen, ansteigenden Verkehrsweg und eine hölzerne Scheune. Für den Entwurf des Ersatzneubaus ausserhalb der Bauzone bildeten die Auflagen des Kantons bezüglich Lage des Gebäudes, Grösse, Ausrichtung, Dachform, äussere Erscheinung und innere Ausgestaltung die Rahmenbedingungen. Der Wunsch der Bauherrschaft war es, nach dem Auszug der beiden erwachsenen Kinder ein auf ihre Bedürfnisse zugeschnittenes Haus zu bauen.

Traditionen behalten
In Grundstruktur und Wesen folgt das Haus den traditionellen Typologien und den charakteristischen Merkmalen ortsüblicher Bauernhäuser, transformiert diese jedoch in eine neue zeitgenössische und eigenständige Wohnqualität. Prägendes Element ist hierbei das ausladende Satteldach, das auf der langgezogenen, landschaftlichen Betontreppe an der Eingangsfassade und auf der Holzterrasse an der Gartenseite trockene Aufenthaltsorte schafft und so die räumliche Trennung zwischen Haus und Landschaft verschleift. So erhalten die Schlafräume im Obergeschoss unter dem grossen ausladenden Dach Intimität und Geborgenheit, während die Wohnräume im Erdgeschoss dank der grosszügigen Öffnungen nach aussen erweitert werden. An dieser einmaligen, ruhigen Lage mit Blick in die Weite wird das Haus nach aussen geöffnet und der Landschaftsraum dem Wohnen erschlossen.

Raumgefüge
Im Inneren erinnert das kammerartige Raumprinzip an die klassischen Grundrisstypologien alter Bauernhäuser. Durch die zentrale Möbel-Wand-Skulptur wird die Wohnfläche in vier Räume gegliedert. So werden klare Raumstrukturen geschaffen, die dann durch grosse Schiebe-, Falt- und Drehtüren zu einem grosszügigen und zusammenhängenden Raumerlebnis zusammengeführt und Raumabfolgen erlebbar gemacht werden. So wird im Erdgeschoss die Raumabfolge als räumliche Horizontale wahrgenommen – der Blick schweift nach draussen, zur Landschaft hin. Auch im Dachgeschoss wird das Prinzip der Kammerung und der verknüpften räumlichen Verhältnisse fortgesetzt. Herzstück ist hierbei das zentrale, grosszügige Flügelzimmer, das alle Räume verbindet. Durch die hohen Türen werden allseitige und diagonale Blickbezüge nach aussen geschaffen. Die Proportionen der überhohen, bis in das Dach offenen Räume stehen im Kontrast zu den Räumen im Erdgeschoss und überraschen durch das vertikale Raumerlebnis.

Holz bringt’s
Das Haus ist in Holzbauweise aus einheimischem Fichtenholz errichtet, die Kellerräume aus Sichtbeton und Sichtmauerwerk. Die Holzdecke ist aus Brettschichtholz, die Wände in klassischer Ständerbauweise ausgeführt. Die gesamte Holzkonstruktion wurde in Elementen gefertigt und in wenigen Tagen aufgerichtet. Die Aussenwände sind mit Holzwolle gedämmt und mit einer horizontalen Fichtenschalung verkleidet. Das Blechdach schafft einen Bezug zu den Landwirtschaftsgebäuden in der Umgebung. Im Erdgeschoss wird die hölzerne Fichtenholzdecke mit einem einfachen geschliffenen Anhydritboden, hellen Wandflächen in Lehmputz und mit grossflächigen dunkelblaugrünen Holztüren kombiniert. Die grossen Türen verleihen dem Haus einen gewissen Grad an Öffentlichkeit. Die drei Schlafräume und der Flügelraum im Dachgeschoss werden an Dach und Wänden mit Fichtenplatten verkleidet, der Boden ist aus Eschenparkett. Die durchgehende Verwendung von Holz führt zu einer materiellen Homogenität, so dass die überhohen Proportionen und die so entstehenden räumlichen Qualitäten der Räume hervortreten. Die traditionelle Stülpschalung des hölzernen Fassadenkleides erhält durch den Rhythmus der vertikalen, stabilisierenden Abdeckleisten einen spezifischen Ausdruck.

Der Umwelt zuliebe
Zugunsten der Nachhaltigkeit wurde der Baukörper kompakt gehalten und gut gedämmt. Durch die grossen Verglasungen im Süden sind im Winter solare Gewinne möglich, die sehr klein gehaltenen Öffnungen im Norden und Osten verringern dagegen die Wärmeverluste. Eine eigene Photovoltaikanlage auf dem benachbarten Schopf produziert mehr als 60% des eigenen Stromverbrauches. Zur Energieversorgung wurde das sehr energieeffziente und nachhaltige System der Erdsonden-Wärmepumpe gewählt. Aus Gründen der Nachhaltigkeit, der Reduktion der grauen Energie sowie des hohen Vorfabrikationsgrades wurde das Haus als Holzbau aus ausschliesslich Schweizer Holz erstellt. Auch an Fassade und im Inneren werden nur natürliche und nachhaltige Materialien verwendet. Durch die Verwendung von Fichtenholz und Lehmputz an Wänden und Decke, sowie Dach wird zudem ein ökologisches und gesundes Raumklima geschaffen. So entsteht ein grosszügiges Wohnhaus im Einklang mit der Geschichte des Ortes, dem umgebenden Landschaftsraum und den neuen ökologischen Anforderungen.

Ein Projekt in Zusammenarbeit mit Christiane Agreiter Architekten. 

© Roland Tännler

Mehr Informationen zu dem Büro finden Sie hier.

 

Text: Markus Schietsch

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