Einfach getraut

Inmitten der sonnigen Hangterrasse Wolleraus schmiegt sich die Trauring- und Schmuckmanufaktur Meister passgenau in den serpentinenartigen Verlauf der Hauptstrasse ein und eröffnet dem Besucher einen weiten Blick über den Zürichsee. Doch nicht nur der einmalige Ausblick, sondern vielmehr die Kombination von qualitativem Handwerk und zukunftsorientierter Architektur brilliert hier.

Seit mittlerweile 25 Jahren ziert das architektonische Schmuckstück aus Sichtbeton die markante Kurvenführung der Hauptstrasse des Schwyzer Dorfs Wollerau. Überaus visionär dachten die Bauherren Theo und Lydia Meister sowie die Architekten Josef und Martin Blätter und André Frei bereits damals schon das neue Firmengebäude, das auch heute noch durch seine zeitlose Formensprache und sein ökologisches Haustechnikkonzept begeistert. Vom Produktdesign über die Produktionsstätte bis hin zum Diamantlabor vereint das Gebäude auf den nicht ganz 4000m2 Grundfläche alle firmeninternen Abteilungen in einem offenen und grosszügigen Ambiente, verteilt über 6 Stockwerke.

Symbolträchtig
Schlicht, edel und vor allem innovativ präsentiert sich der rund 100m lange, schiffsrumpfähnliche Baukörper, der innerhalb von nur 24 Monaten umgesetzt wurde. Mit der einprägenden, puristischen Formensprache ist es den Architekten gelungen, einerseits die Firmendynamik zu verkörpern, das elementare Kreissymbol aufzugreifen sowie gleichzeitig effiziente interne Raumstrukturen zu integrieren. Einfachheit prägt auch das statische Grundgerüst: Ein simples Stützen-Platten-System aus vorfabrizierten Schleuderbetonstützen sowie die Liftkerne stabilisieren den Bau – die gläserne Front des Gebäudes steht dabei für sich.

Einfach wirkungsvoll
Der Purismus zieht sich dabei wie ein roter Faden durch den Neubau. Denn sowohl die Fassade als auch der Innenausbau präsentieren sich äussert materialehrlich und dezent – in imprägniertem Sichtbeton kombiniert mit grossflächigen Glasflächen. Damit schaffen die Planer nicht nur eine Hommage an die Verarbeitung roher Edelmetalle und -steine. Der gegossene Turnhallenboden in gedecktem Blau, die unverputzten Wände sowie die metallenen Abschlusselemente stellen gleichzeitig eine zurückhaltende Präsentationsfläche dar, die die Produkte der Manufaktur in den Vordergrund rückt.

Tiefer Einblick
Unterbrochen wird das kompakte Volumen von einem etwas versteckten Aussenhof: Im gänzlich bekiesten Eingangsbereich eröffnet sich dem Besucher beinahe die gesamte Gebäudetiefe und gliedert zudem den Firmensitz in einen Kopf- und grösseren Hauptteil. Doch nicht nur formal steht dieser architektonische Einschnitt im Kontrast zum restlichen Bau, denn auch optisch sowie haptisch schafft die hellgelb verputzte Fassade einen angenehmen Gegensatz zur glatten Aussenhülle. Den Blick hier auf die gläserne Fassade gerichtet, erstreckt sich zur rechten Seite der Hauptteil des Unternehmens mit durchwegs offenen Grossräumen für Werkstätten sowie Administration. Ebenerdig gelangt man direkt in die Produktionsstätten, die auch das erste Obergeschoss einnehmen. Vermehrt werden im Manufaktur-Shop Traupaare begrüsst, die sich vor Ort einen Überblick über die kreativen Trauring- und Schmuckkollektionen der Marke Meister verschaffen können. Gleichzeitig erhalten sie dabei direkt einen Einblick in die Herstellung der individuell und einzeln angefertigten Schmuckstücke, die zu 100 % „Swiss made“ nennen dürfen. 

Zum Wohlfühlen
Dank der seeseitigen Glasfassade mit farbneutralem Weissglas wird der gesamte Bereich mit natürlichen Tageslicht beleuchtet und so auch optimal auch für die Schmuckverarbeitung gesorgt. Als I-Tüpfelchen kommt man in den Genuss des einmaligen Panoramas über den Zürichsee. Dennoch geniessen die Mitarbeiter weitaus mehr als diese Postkarten-Aussicht: Die Werkstätten sind mit einer flexiblen Arbeitsplatzeinrichtung ausgestattet, die den individuellen Ansprüchen der einzelnen Handwerker gerecht wird. Um trotzdem das seitens der Bauherrschaft gewünschte einheitliche Möblierungskonzept beizubehalten, integrierten die Architekten eine durchdachte Rasterteilung. Hierfür wurden parallel verlaufende Versorgungskanäle in den Boden eingezogen, an denen Arbeitsplatzsäulen mit eigens entwickelten Arbeitstischen für Goldschmiede und Juwelenfasser angehängt werden können.

Flexibel gedacht
Ein Stockwerk höher ist die Administration zu finden, die Wiederrum als Grossraumbüro mit flexiblem Einrichtungskonzept gestaltet wurde. Runde Tischelemente bilden das Ausgangsraster, an welches die Tischplatten nach Belieben eingehängt werden können – ob Einzeltische, Zweiergruppen oder doch ein Dreier-Ensemble. Am Empfang begrüsst ein grosses Bullauge die Besucher und erlaubt Einblick in das geschäftige Treiben des Unternehmens. Erschlossen ist die administrative Ebene gleich durch mehrere Wege: Der buchenholzverkleidete Hauptlift sowie die breite Besuchertreppe führen durch die Etagen – separiert von den internen Zugängen. Hangseitig verbindet ein gebäudehoher Lichthof mit multifunktionaler Nutzung die beiden Bauwerksteile: Nicht nur die betriebsinterne Erschliessung sondern auch Ausstellungen und Events finden in der dreigeschossigen Klimazone des Betonbaus Platz. Erhellt wird die Begegnungszone von zwei Seiten zugleich: Oberlichter erhellen den Raum von oben während durch die Bullaugenfenster in der hangseitigen Stützwand weitere Sonnenstrahlen einfallen. Damit das Licht möglichst ungehindert durch den gesamten Raum transportiert wird, sind die gesamten Geh- und Treppenflächen als abgehängte, feuerverzinkte Gitterroste ausgeführt. 

Zurückschalten
Über diese Stege gelangt man von der Produktion zum Kopf des Gebäudes, umrahmt von der scharfen Kurve der Wollerauer Hauptstrasse. Nicht nur der Verkehr entschleunigt sich an dieser Stelle: Vor allem Aufenthaltsbereiche und privatere Konferenzräume laden zu entspannten Konversationen und ausgelassenen Diskussionen ein, um kurz vom hochkonzentrierten Arbeiten abschalten zu können. In der firmeneigenen Kantine lädt täglich ein Koch an den grossen Tisch ein – sowohl Mitarbeiter als auch Gäste können hier gemeinsam die Mittagspause verbringen. 

Vorbildlich
Nicht nur allein der Optik wegen war der neue Firmensitz 1995 ein mutiger Vorreiter, auch in punkto Ökologie präsentierte sich der Bau damals sowie heute mehr als zeitgemäss. 32 vertikale Erdwärmesonden sorgen für die Wärme- und Kältegewinnung. Dafür werden mehr als 300000 m3 Felsvolumen energetisch verwendet, das das ganze Jahr den grössten Teil der benötigten Wärme- und Kältegewinnung abdeckt. Eine weitere Säule des ökologischen und CO2 neutralen Konzepts ist die Grauwassernutzung sowie die Edelmetallrückgewinnung. Das Regenwasser wird hierfür in einen Sammeltank im Untergeschoss geleitet und anschliessend als Spülwasser in den WC-Anlagen sowie für Gartenanschüsse weiterverwendet. Im gleichen Zuge wird das Schmutzwasser der diversen Spültische und Waschbecken über eine Bandfilteranlage gereinigt, um etwaige Edelmetallreste herauszufiltern – ein fugenloser Kreislauf im etwas anderen Verständnis.

meisterschmuck.ch

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